Aus Vorgang Lehren ziehen

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Im Finanz- und Personalausschuss der Stadt Ahlen hat Bürgermeister Dr. Alexander Berger am Montagnachmittag über den Aufklärungsstand in einer Vollstreckungssache berichtet. Im Dezember letzten Jahres hatte die Stadtkasse ein Haustier gepfändet und einer Erwerberin verkauft. Daran wurde in der Öffentlichkeit Kritik geübt. Im Wortlaut:

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

bevor ich gleich den Erkenntnisstand zusammenfasse, erlauben Sie mir bitte einige einleitende Worte.

Seit einem Monat spricht die Welt über einen Hund. Vieles ist darüber geschrieben worden, manches davon stimmte, manches war falsch. Das mediale Echo, das nach den ersten Berichten in der lokalen Presse erschallte, hat nicht nur mich in Erstaunen versetzt.

Ich begreife sehr wohl das verständliche Medieninteresse. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die öffentliche Verwaltung fußt vor allem auf dem sicheren Empfinden, dass Behörden rechtmäßig und zweckmäßig handeln. Entstehen daran Zweifel, so müssen sie rückhaltlos aufgeklärt werden. Hierzu fühle ich mich verpflichtet und dieser Pflicht komme ich seit Bekanntwerden des Vorgangs nach. Abzuwägen bleiben dabei immer das Öffentlichkeitsinteresse und die schützenswerten Interessen Dritter, insbesondere persönliche Daten der Betroffenen. Soweit es rechtlich zulässig ist, möchte ich gerne öffentlich Stellung nehmen.

Anders als gelegentlich suggeriert ist die Stadt von Beginn an offen mit dieser Angelegenheit umgegangen. Schon im ersten Zeitungsbericht wurde die Stadt zitiert, dass es einen vergleichbaren Vorgang noch nie gegeben habe. Er wurde von mir als fragwürdig erkannt und auch als solches bezeichnet.

Dass die Verkaufsanbahnung – insbesondere, was die Nutzung eines privaten Ebay-Kontos anbelangt – fehlerhaft war, habe ich frühzeitig festgestellt.

Ebenso kündigte ich schon am 5. März die Notwendigkeit von Konsequenzen an. Hierzu habe ich eine Dienstanweisung angeordnet, die ähnliche Fehler in Zukunft verhindern wird.

Lassen Sie mich jetzt bitte auf den aktuellen Sachstand eingehen, der in Teilen schon bekannt sein dürfte. Festzustellen ist:

1. Die Stadt Ahlen hat bei der Pfändung und dem Verkauf rechtmäßig gehandelt.

2. Das Tierwohl war nie gefährdet.

3. Formfehler werden für die Zukunft bei Pfändungsmaßnahmen durch Anweisung des Bürgermeisters vermieden.

4. Den Ausgang des zivilrechtlichen Klageverfahrens wartet die Stadt Ahlen ab.

Sie kennen bereits die Ergebnisse des Gutachtens der Anwaltskanzlei Wolter Hoppenberg, über das ich die Fraktionsvorsitzenden und die Mitglieder des Finanz- und Personalausschusses des Rates der Stadt Ahlen am 15. März und die Öffentlichkeit am 18. März informiert habe.

Ich bitte um Verständnis, dass das Gutachten wegen der darin enthaltenen persönlichen Daten Dritter nicht veröffentlicht werden kann.

Wohl aber sind die wesentlichen Erkenntnisse der juristischen Prüfung darzustellen, die ich veranlasst habe, nachdem öffentlich der Eindruck suggeriert worden war, die Stadt Ahlen habe nicht rechtmäßig gehandelt.

Vorwurf rechtswidrigen Handelns muss jede Behörde klären

Meine Damen und Herren, einen so gravierenden Vorwurf kann keine öffentliche Verwaltung auf sich beruhen lassen. Hier war eine Klärung erforderlich.

Diese Klärung ist durch das umfassende und umfangreiche Rechtsgutachten auf eindeutige Weise erfolgt. Ich kann deshalb feststellen: Das Handeln der Stadt Ahlen in der Pfändungssache ist rechtmäßig gewesen.

Die durchgeführte Sachpfändung ist der letzte und auch schwerstwiegende mögliche Schritt in einer langen Reihe von Vollstreckungsschritten.
Zum Verständnis: Zu Beginn stehen die üblichen Zahlungsfristen, es folgen Mahnungen, Vollstreckungsankündigungen und dann zunächst andere Vollstreckungsarten wie Ratenzahlungsangebote, Kontopfändungen, Lohnpfändungen, Grundbucheinträge. Erst am Schluss erfolgen als letztes Mittel Sachpfändungen. In dem vorliegenden Fall wurde dabei umsichtig vorgegangen und das Tier zum Schutz des Tierwohls nach seiner Pfändung beim Schuldner belassen. Erst fünf Stunden vor Aushändigung an die Käuferin wurde das Tier abgeholt und von einer Mitarbeiterin zwischenzeitlich betreut.

Die Pfändung des Haustieres und dessen Verwertung über ein Anzeigenportal ist nach erfolgter Interessenabwägung sowie unter Berücksichtigung des Schuldnerverhaltens materiell rechtmäßig gewesen. Kleinere Form- und Verfahrensfehler, die es unstrittig gegeben hat und die intern aufgeklärt werden, sind für die Rechtmäßigkeit des Vorgangs unbeachtlich.

Im Hinblick auf die Verfahrensfehler und die problematische Anbahnung des Verkaufs des Tieres durch die Stadt Ahlen über den privaten Account eines öffentlichen Verkaufsportals habe ich eine entsprechende Dienstanweisung veranlasst, damit sich ein ähnlicher Fehler in Zukunft nicht wiederholt. Der Mitarbeiter versuchte im Rahmen seines Ermessens eine pragmatische Lösung zu finden und entschloss sich für die nun nachvollziehbar in Frage stehende Vorgehensweise. Dabei unterlag er objektiv einer Fehleinschätzung. Ich habe das an anderer Stelle bezeichnet als „die eine Idee zu viel“.

Zusätzlich zur rechtsgutachtlichen Prüfung habe ich deswegen auch die arbeitsrechtliche Aufklärung veranlasst, deren Ergebnis noch aussteht. Dabei werden vorbehaltlos die belastenden wie die entlastenden Umstände gewürdigt. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass diese Aufklärung ohne Präjudiz erfolgt. Sie dient der arbeitsrechtlich sauberen Aufarbeitung des Sachverhalts mit Blick auf alle beteiligten Beschäftigten.

Nur, wenn Fehlerquellen auf den Grund gegangen wird und diese angesprochen werden, sind Lehren für die Zukunft möglich.

Landesregierung hat Vorgang nie als rechtswidrig bezeichnet

Ich darf nun auf eine in Medien verbreitete Presseauskunft der Landesregierung zu sprechen kommen, der zufolge die Pfändung rechtswidrig gewesen sein soll. Diese steht zu der juristischen Bewertung nur bei oberflächlicher Betrachtung im Widerspruch. Eine Rechtsprüfung durch die Landesregierung hat es nicht gegeben. In der Presseauskunft vom 1. März hieß es laut Medienberichterstattung ausdrücklich, das Ministerium habe den Ahlener Fall nicht geprüft.

Dies deckt sich auch mit dem Ergebnis einer Dienstbesprechung der Landräte und Oberbürgermeister im Regierungsbezirk Münster mit der Regierungspräsidentin am 20. März. Der Warendorfer Landrat Dr. Olaf Gericke hat mir am 21. März mitgeteilt, dass er in dieser Besprechung nachgefragt habe, welche Bewandtnis es mit einer in Medien Anfang März zitierten Erklärung der Landesregierung zur Pfändung gehabt habe.

Der Landrat hat mir unter ausdrücklicher Zustimmung der Regierungspräsidentin mitgeteilt, dass in der Dienstbesprechung klargestellt wurde, dass es sich bei der Medienauskunft der Landesregierung um eine allgemeine Mitteilung der Rechtslage zur Pfändung von Haustieren gehandelt habe, nicht aber um eine Bewertung des Ahlener Vorgangs. Eine Rechtsprüfung des Ahlener Vorgangs durch die Landesregierung habe es nicht gegeben, was in der Presseauskunft auch zum Ausdruck gebracht und von einigen Medien in deren Berichterstattung berücksichtigt worden sei, auch wenn in Überschriften oft ein unzutreffender anderer Eindruck vermittelt worden sei.

Landrat und Regierungspräsidentin stellen fest: „Die Landesregierung hat das konkrete Vorgehen der Stadt Ahlen also keiner Bewertung unterzogen.“ Diese Haltung der Landesregierung steht in Übereinstimmung mit dem Gutachten der Kanzlei Wolter Hoppenberg, die ebenfalls zu der Einschätzung kommt, dass die Pfändung von Haustieren unter besonderen Voraussetzungen möglich ist.

Zivilrechtliche Forderungen ohne große Erfolgsaussichten

Die von der Stadt Ahlen angebotene Rückabwicklung der Pfändung und des Kaufs ohne Anerkennung einer Rechtspflicht wird ausweislich eines Anwaltsschreibens der Erwerberin des Hundes abgelehnt. Dies entspricht öffentlichen Äußerungen, auch der Schuldnerin. Die Stadt Ahlen hatte sich bei ihrem schriftlich und unmittelbar erfolgten Angebot einer Rückabwicklung an beide Parteien nicht zuletzt im Hinblick auf das Tierwohl des Hundes damit einverstanden erklärt, wenn Erwerberin und Schuldnerin den Eigentümerwechsel beibehalten wollten.

Die von der Erwerberin eingereichte Zivilklage ist der Stadt Ahlen vom hiesigen Amtsgericht inzwischen zugestellt worden. Eine von mir unmittelbar nach Zustellung der Klage Anfang vergangener Woche veranlasste juristische Prüfung der zivilrechtlichen Forderungen durch Wolter Hoppenberg räumt der Klage keine großen Erfolgsaussichten ein. Den Ausgang des zivilrechtlichen Klageverfahrens wartet die Stadt Ahlen ruhig und gelassen ab.

In der Öffentlichkeit und in Medien wurde häufig die Meinung geäußert „Warum einigt man sich nicht auf schnellem Wege mit der Erbwerberin?“ So wünschenswert eine solche „schnelle Lösung“ auf den ersten Blick auch erscheinen mag, so deutlich stößt sie auch an Grenzen des Machbaren und Verantwortbaren.

Zu keinem Zeitpunkt konnte es ernsthaft in Betracht kommen, den Forderungen ohne juristische Prüfung nachzukommen. Dies hätte dem fatalen und unzutreffenden Eindruck rechtswidrigen Handelns Vorschub geleistet, einen leichtfertigen Umgang mit dem Steuergeld der Bürgerschaft bedeutet und vermutlich den Verdacht strafrechtlich relevanter Untreue begründet.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen, dass der Anwalt der Erwerberin ein Angebot zur außergerichtlichen Mediation schon mit Schreiben vom 23. Februar ausdrücklich abgelehnt hat. Es sollte seiner Ansicht nach sofort der Klageweg beschritten werden.
Noch ein abschließendes Wort zu der über Medien angekündigten Strafanzeige gegen den Vollstreckungsmitarbeiter. Diese ist nun Angelegenheit der Strafverfolgungsbehörden. Es bleibt abzuwarten, ob aus deren Sicht die von der Erwerberin gewünschte Strafverfolgung überhaupt eine rechtliche Grundlage hat. In einem solchen Fall genießt der Mitarbeiter wie üblich den Rechtsschutz durch seinen Arbeitgeber, also gegebenenfalls die Übernahmegarantie der Prozesskosten.

Ich darf darauf hinweisen, dass von der Erwerberseite in Medienberichten zunächst geäußert worden war, man wolle Strafanzeige gegen die Stadt Ahlen einreichen, was schon aus Gründen der Rechtssystematik unhaltbar gewesen wäre.

Ich werde am Nachmittag in öffentlicher und gegebenenfalls aus den eingangs geschilderten Gründen auch in nichtöffentlicher Sitzung dem Finanz- und Personalausschuss Bericht erstatten. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, lassen Sie mich nochmals zusammenfassen:

1. Die Stadt Ahlen hat rechtmäßig gehandelt.
2. Das Tierwohl war nie gefährdet.
3. Formfehler werden künftig vermieden.
4. Die Klage warten wir in Ruhe ab

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