Beratung rechnet sich, Jahresbericht Verbraucherzentrale
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Ob dubiose Mahnschreiben kursierten, dreiste Firmen Abos für Pillen oder Gewinnspielteilnahmen unterschoben oder Trojaner im Internet unbemerkt ihre Fänge auslegten – die Verbraucherzentrale in Ahlen war auch 2012 eine gefragte Ansprechpartnerin bei aktuellen Verbraucherproblemen.
„Bei Ihnen bekommen Verbraucher unmittelbar Rat und Unterstützung“, würdigte Bürgermeister Benedikt Ruhmöller das Team um Leiterin Anne Schulze Wintzler, die sich darüber freute, dass die Verbraucherzentrale personell mittlerweile deutlich besser aufgestellt sei als noch bis vor kurzer Zeit. „Davon profitieren die Bürgerinnen und Bürger, weil unsere Erreichbarkeit gestiegen ist“.
„Erstmals“, so Schulze Wintzler, „haben Wissenschaftler übrigens jetzt den finanziellen Nutzen von Verbraucherberatung berechnet“. Ein Euro investiertes Steuergeld werde in der Rechtsberatung zu einem Ertrag für Ratsuchende zwischen 14 und 17 Euro umgemünzt, und den Kosten pro Beratungsfall stehe durchschnittlich ein sieben- bis neunfacher Nutzen für den Verbraucher gegenüber.
„Diesen Satz kann ich gar nicht oft genug vorlesen“, sieht sich die Chefin der Verbraucherberatungsstelle im Ahlener Rathaus voll und ganz in der täglichen Arbeit bestätigt.
So sei auch 2012 ein an Themen und Aufregern reiches Jahr gewesen. Mit Versprechen von Geldgewinnen, gutem Essen und Geselligkeit vor Ort wurden meist ältere Menschen in Ahlen und im Kreis Warendorf zur Teilnahme an Tagestouren gelockt. Doch hinter der preiswerten Fahrt ins Grüne verbarg sich dann vielfach eine getarnte Verkaufstour, bei der meist Waren wie Gesundheitspräparate oder Küchengeräte zu überteuerten Preisen verkauft wurden. „Selbst wenn Überrumpelte den Vertrag fristgerecht widerrufen, ist das auf der Veranstaltung gezahlte Geld oft weg, weil Anbieter in den Unterlagen lediglich eine Postfachadresse oder einen Firmensitz im Ausland angegeben haben“, berichtet Anne Schulze Wintzler. In Kooperation mit dem Kommissariat Prävention und Opferschutz hat die Verbraucherzentrale deshalb über Fallstricke dubioser Touren informiert – und Tipps mit auf die Reise gegeben, um falschen Versprechen die kalte Schulter zu zeigen und im Fall der Fälle Anzeige zu erstatten. Nicht zuletzt hat sie in der Rechtsberatung und -vertretung unwirksamen Vertragsabschlüssen die rote Karte gezeigt.
Als Dauerbrenner der Verbraucherbeschwerden zeigte sich einmal mehr die Telekommunikationsbranche. Obwohl die Novelle des Telekommunikationsgesetzes kostenträchtigen Warteschleifen das Aus beschert und die Preisansage bei Call-by-Call-Gesprächen verpflichtend gemacht hat, gab es Stolperfallen zuhauf. So erhielten Ratsuchende zum Beispiel nach unverbindlichen Beratungsgesprächen in Telefonläden plötzlich Auftragsbestätigungen über neue Telefon-Komplettpakete - zusätzliche Kosten inklusive. Und dies, obwohl jede Einwilligungserklärung oder Unterschrift fehlte. Auch vermeintliche Flatrates fürs Telefonieren oder die Datenkommunikation, die sich im Kleingedruckten dann als begrenzte Pakete mit Leistungsbeschränkungen entpuppten, sorgten für Verbraucherverdruss.
Prägten Anfragen zu ungewollten Internetabos in den letzten Jahren die Beratungsstatistik, ist hier seit der Buttonlösung im August 2012 ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen: Seither müssen Unternehmen den Verbraucher nämlich deutlichere Informationen liefern.
Außerdem muss ein Bestellbutton mit einer Beschriftung wie „zahlungspflichtig bestellen“ eindeutig auf die Kostenpflicht hinweisen. „Das bedeutet aber keineswegs Entwarnung“, berichtet die Beratungsstellenleiterin, „denn alte Maschen werden nun bei Bestellungen über Smartphones versucht. Bereits ein Klick auf einen Werbebanner kann dazu führen, dass kostenpflichtige Leistungen (Abo) heruntergeladen und über die Handyrechnung eingezogen werden. Verbraucher merken das häufig erst dann, wenn der gewohnte Rechnungsbetrag deutlich und ohne offensichtlichen Grund überschritten wird“, skizziert sie die aktuelle Beratungsnachfrage.
Übrigens: Auch bei Smartphone-Fallen gilt die Buttonlösung. Soll der Vertrag über ein Werbebanner zustande gekommen sein, sind die Forderungen der Firmen somit unberechtigt.
Die Beratungsstelle war 2012 Drehscheibe für Verbraucherfragen rund um die Energiewende. „Ob der Stromverbrauch akzeptabel oder die alte Heizung ein Energiefresser ist – neben Möglichkeiten zur Reduzierung des Verbrauchs standen vielfach Probleme beim Anbieterwechsel oder mit der Rechnungsstellung durch den Versorger im Mittelpunkt“, bilanziert Beraterin Daniela Kreickmann zunehmende Nachfrage in der Energierechtsberatung, die in Ahlen und im Kreis Warendorf ausgebaut werden soll. Nicht zuletzt: Nach den Pleiten von Teldafax und Flexstrom wurden viele Fragen rund um die Weiterversorgungsmodalitäten oder zum Verlust von Vorauskassezahlungen gestellt. Weiterer Brennpunkt waren die massiven Strompreiserhöhungen zum Jahreswechsel: Ob und wie Preiserhöhungen widersprochen oder wie ein günstigerer Anbieter gefunden werden kann, stand dabei im Beratungsfahrplan.
Steigende Umlage für den Ausbau der erneuerbaren Energien, beschleunigter Netzausbau, neue Offshore-Haftungsumlage zu Lasten von Verbrauchern – so einige Stichworte der energiepolitischen Diskussion, die auch in der Beratungsnachfrage Niederschlag fanden. Bürgerinnen und Bürger suchten bei Energieberater Joachim Rölfing praktischen Rat fürs Sparen bei Strom und Heizenergie. Zudem wollten viele Ratsuchende durch den Wechsel zu Ökostrom bei ihrer persönlichen Energiewende Fahrt aufnehmen – und fragten deshalb nach zertifizierten Angeboten und Wechselmodalitäten.
2012 hat die Verbraucherzentrale mit Einführung einer digitalen Statistik die Erfassung von Anfragen neu organisiert: Während bislang „Kontakte“ mit Ratsuchenden gezählt wurden, werden Anfragen nun themenspezifisch nach Beschwerdegrund, Anbieter und Wert der Beschwerde erfasst. Damit ist es möglich, aktuelle Schwerpunkte schneller auszumachen und schwarze Schafe und deren Maschen zu benennen.