Berichte über Leidenswege Gleichaltriger machten betroffen
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„Geschichte ist greifbar, wenn sie mit einem selbst zu tun hat“, sagte Geschichtslehrer Tobias Meemann, der die Gedenkstunde organisiert hatte. Um die persönliche Betroffenheit der jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kundgebung darzustellen, erinnerten Schülerinnen und Schüler der Leistungskurse Geschichte an die Schicksale von jungen Menschen aus Ahlen, die dem Rassenwahn zum Opfer fielen. Das Gedenken vereitele das Ziel der Nazis, mit den Menschen auch die Erinnerung an diese auszulöschen, so Meemann. Das Engagement gegen Judenfeindlichkeit dürfe nicht nachlassen. „Denn die Konsequenz des Antisemitismus ist: er ist mörderisch.“
Stephanie Kosbab warnte in ihrer Ansprache, „dass das Gift der menschenfeindlichen Verführung und Hetze schneller und gründlicher wirkt, als wir uns das vorstellen können.“ Verdrehung von Wahrheiten, Verschwörungstheorien und unbelegbare Vorurteile fielen auch in unserer Zeit auf fruchtbaren Boden. Als bedrückendes Beispiel dafür, wie kontinuierlich das Denken in den Köpfen ist, erinnerte sie an Karl Gorath. Dieser stehe exemplarisch für die Verfolgung schwuler Männer, die sich teils über Jahrzehnte hinzog und auch nach 1945 nicht beendet war.
Erstmals gedachte in diesem Jahr auch der Bundestag verfolgter Homosexueller. Gorath wurde seit 1934 mehrfach nach dem berüchtigten Paragrafen 175 verurteilt, landete im Zuchthaus, später in mehreren KZs. Er überlebte, nur um 1946 erneut verurteilt zu werden – von demselben Richter, der ihn schon zur NS-Zeit verurteilte. „Regime kommen und gehen – Vorurteile, mithin tödliche Vorurteile, aber bleiben“, so Kosbab. Sie schätze sehr das Engagement des Städtischen Gymnasiums, sich als Schule mit Courage und Schule ohne Rassismus immer und immer wieder mit den Freiheitsrechten zu beschäftigen „und den vielen Milieus unserer bunten Gesellschaft Aufmerksamkeit zu schenken.“
Größte Opfergruppe, die dem nationalsozialistischen Wahn zum Opfer fiel, waren die europäischen Jüdinnen und Juden. Sechs Millionen starben in den Vernichtungslagern, immer nach langem Leidesweg mit vorhergegangener Entrechtung und Demütigung. „In Deutschland weiß man viel über jüdisches Sterben, aber wenig über jüdisches Leben“, zitierte die Erste Beigeordnete den israelischen Künstler Ariel Efraim Ashbel. Angst, etwas im Umgang mit dem Judentum falsch zu machen, lasse sich durch Begegnungen überwinden. Kosbab sprach die Einladung des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Münster aus, sich durch Gemeindezentrum und Synagoge führen zu lassen, und mehr über den Alltag von Jüdinnen und Juden heute zu erfahren.
Der 27. Januar ist der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“. Weltweit erinnern Menschen an die Opfer der NS-Diktatur sowie an jene, die Widerstand leisteten und NS-Verfolgte schützten. Am 27. Januar jährt sich der Tag, an dem die Rote Armee 1945 die Vernichtungs- und Konzentrationslager in Auschwitz befreite.