Botschaft des Bürgermeisters zum Jahreswechsel 2022/2023
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Ich kann verstehen, wenn in diesen Monaten manche ihr persönliches Maß an Krisenfähigkeit erreicht sehen und wahlweise den Verstand auf taub oder Durchzug stellen. Nichts Böses an sich heranzulassen, kann wichtiger Selbstschutz sein. Selbst das Flaggschiff der deutschen TV-Nachrichten, die ehrwürdige Tagesschau der ARD, beklagt den Rückgang an Interesse. Mit Blick auf die vielen schlechten Nachrichten aus aller Welt vermeiden viele Zuschauende aktiv das abendliche Einschalten. Bloß: Die Welt dreht sich weiter und mit ihr auch der alltägliche Wahnsinn. Den Abschaltknopf für Kriege, Katastrophen und Menschenleid gibt es nicht. Leider, mag man hinzufügen.
Dabei hat die Menschheit neben all der Unlust auf schlimme Nachrichten auch gute Gründe hoffnungsvoll zu sein. Man muss halt nur die Augen öffnen und genauer hinschauen. Dann erkennt man sie kleingedruckt hinter all den in fetten Lettern gesetzten Riesenschlagzeilen von Notlagen und Schicksalsschlägen. Mich haben in diesem Jahr vor allem zwei Nachrichten sehr positiv gestimmt: Auf dem Weg zur klimaneutralen Welt ist es zum ersten Mal US-Forschern gelungen, eine Kernfusion zu erreichen, bei der mehr Energie erzeugt, als vorher hineingesteckt wurde. Das bedeutet, dass künftig auf die riskante Form der Energiegewinnung durch Kernspaltung verzichtet werden könnte. Sicher, bis zum industriellen Einsatz dieser bahnbrechenden Technologie werden noch Jahre vergehen. Aber der Grundstein ist gelegt und jetzt geht es „nur“ noch darum, sie bestmöglich anzuwenden.
Nicht weniger bemerkenswert fand ich die Nachricht, dass eine am Berliner Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie entwickelte Solarzelle einen Wirkungsgrad von 32,5 Prozent erreicht hat. Fast ein Drittel der einfallenden Sonnenstrahlung wird in elektrische Energie umgewandelt. Damit hat das deutsche Entwicklungsteam einen neuen Weltrekord aufgestellt. Energie ist das Thema der Zeit. Schön, dass unser Land dabei wieder in vorderster Reihe mitspielt. Der Knappheit an Strom und Gas begegnen wir auch bei uns in Ahlen mit entschlossener Kraft. Im nächsten Jahr zeigen wir Verantwortung und setzen endlich den Spatenstich für ein energetisch modernes Stadthaus. Einige Zahlen, die immer wieder in Erinnerung gerufen werden sollten: Unser marodes Rathaus verschleudert 3,4 Millionen Kilowattstunden zugekaufte Energie pro Jahr. Das sind 2,4 Millionen Kilowattstunden für das Heizen und etwa eine Million Kilowattstunden, um zu kühlen. Mit dieser Verschwendung wird aber bald Schluss sein. Der Gesamtenergieverbrauch reduziert sich durch den Neubau auf knapp 400.000 Kilowattstunden per annum, von denen ein Großteil nicht mehr zugekauft werden muss, sondern durch Umweltenergie, Erdwärme und Luft-/Wasserwärmepumpen selbst gewonnen wird. Nur noch etwa 130.000 Kilowattstunden werden dann für das Beheizen und Kühlen zugeführt. 3,4 Millionen Kilowattstunden heute stehen 130.000 Kilowattstunden morgen gegenüber. Oder anders ausgedrückt: Das neue Stadthaus wird nicht nur bessere Arbeitsbedingungen liefern, sondern auch einen um das 26-fach geringeren Energiebedarf haben. Eine wirklich gute Nachricht!
Während wir das Rathaus-Problem endlich lösen, werden uns andere Herausforderungen auch in 2023 erhalten bleiben. Der unbarmherzige Angriffskrieg gegen Menschen und zivile Infrastruktur der Ukraine wird leider nach allem Anschein kein kurzfristiges Ende finden. Unsere Gastfreundschaft als Zufluchtsort für Menschen aus Kiew, Charkiw oder Odessa bleibt weiter gefragt. Mit großem Engagement und viel Empathie haben Privatleute und Institutionen in Ahlen Vorkehrungen getroffen, damit sich die zu uns geflüchteten Menschen sicher fühlen können. Persönliche Kontakte und verschiedenste Integrationsmaßnahmen geben nicht nur das Gefühl von Sicherheit, sondern auch der Geborgenheit. Dafür danke ich allen im Ehrenamt sowie hauptamtlich Tätigen von ganzem Herzen. Bitte setzen Sie Ihre Anstrengungen fort, so lange es notwendig ist.
Ahlen ist eine Stadt, die den solidarischen Zusammenhalt immer wieder praktiziert hat. Ihre bodenständige Bevölkerung geht pragmatisch und umsichtig mit Krisen um. Unsere Wirtschaft ist vielfältig aufgestellt und trotzt immer wieder den konjunkturellen Ausschlägen und weltpolitischen - man muss schon sagen - Verrücktheiten. Wir leben gemeinsam in einem ziemlich starken Stück Münsterland. Das wir sind, was wir sind, feiern wir im übernächsten Jahr. 2024 wird es 800 Jahre her sein, dass unsere Stadt erstmals urkundlich erwähnt worden ist. Darum wollen wir die kommenden zwölf Monate nutzen, um Ideen für unser Jubel-Jahr zu sammeln. Ich wünsche mir, dass viele Vereine mitmachen und ihre Aktivitäten unter das Jubiläums-Motto stellen. Ihre Anregungen können Sie mir gerne mitteilen. Erste Vorschläge liegen mir schon vor, so dass ich sagen kann: Es wird ganz bestimmt ein tolles Jubiläum.
Wir haben allen Anlass, das Jahr 2023 mit begründeter Zuversicht und großen Plänen zu begrüßen. Unsere schöne Stadt wird weiterwachsen und ein guter Ort bleiben für Familien, Gäste und Unternehmen. Lassen Sie uns gemeinsam alles dafür tun, dass 2023 auch das Jahr der guten Nachrichten sein wird.
Ihr Bürgermeister
Dr. Alexander Berger