Eine Vorreiterin in der Schullandschaft nimmt Abschied - „Geschwister-Scholl-Park“ bewahrt die Erinnerung an Schule und mutige Vorbilder

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Schulgemeinde, Bürgermeister und zahlreiche Gäste, die die Schule durch die Jahrzehnte begleitet haben, schlossen sich dem Fazit von Schulleiterin Paula Rose an: „Respekt vor jedem Menschen, so wie er ist, das machte die Schule aus.“ Das Vermächtnis der Namensgeber der Schule wird in Ahlen erhalten bleiben, gab Bürgermeister Dr. Alexander Berger unter dem Beifall der Schulgemeinde und Gäste bekannt: Die in Kürze entstehende Spiel- und Grünfläche zwischen JuK-Haus, Schulgebäude und Mittrops Hof soll „Geschwister-Scholl-Park“ heißen.

„Schulpolitische Entscheidungen andernorts und der Zeitgeist haben den Daumen gesenkt über das viele Jahre erfolgreich arbeitende System der Hauptschulen“, benannte Bürgermeister Berger die Gründe, die zum Auslaufen der Schule geführt haben. Zugleich nehme er „nicht ohne ein Gefühl der Genugtuung“ zur Kenntnis, wie erfolgreich die letzte verbleibende Hauptschule, die Overbergschule, das gute Konzept der Hauptschule weiterhin umsetze. „Ihr sei der Zuspruch von Eltern und Schülern, die mittlerweile aus dem gesamten Kreis Warendorf nach Ahlen kommen, herzlich gegönnt.“

Der Bürgermeister beschrieb, dass für viele die Geschwister-Scholl-Schule wie eine Heimat gewesen sei. „Fördern und fordern“ sei nicht nur eine Plattitüde gewesen, sondern ernstgenommenes Programm und Leitbild der Geschwister-Scholl-Schule. Achtsamkeit, Wertschätzung, und Toleranz seien als Tugenden an der Schule gelebt und vorgelebt worden. „In diesen Räumen sind Kleine zu Großen geworden, Schwache und Verzagte wuchsen auf zu Starken und Selbstbewussten. Talentierte wurden an die Hand genommen, damit sie ihre Fähigkeiten entwickeln und festigen konnten.“ Auf vielen Gebieten sei die Schule Vorreiterin gewesen. Heute übliche Standards wie die Gestaltung von Übergangen, die Berufsorientierung, der gebundene Ganztag, Auffangklassen für Zugewanderte und die Ergänzung des Schulunterrichts durch Angebote an außerschulischen Lernorten seien an der Geschwister-Scholl-Schule früh erprobt worden. Schulleiterin Paula Rose habe für Innovationen gestanden wie ihre Vorgänger Stephanus Stritzke, Theodor Schwarz, Hans Knipping und Winfried Waterkorte zu ihrer Zeit.

„Man muss einen harten Geist und ein weiches Herz haben“, zitierte Berger Namensgeberin Sophie Scholl. „Ihre unbestechlich vorbildliche Gesinnung machte die Geschwister Scholl zu passenden Namenspatronen dieser Schule.“ Mit dem Ende dieses Schuljahres werde der Name der Geschwister Scholl aus der Schullandschaft verschwinden. In Zeiten zunehmender Orientierungslosigkeit bräuchten die Menschen „taugliche Vorbilder mehr denn je“, sagte Berger. Mit der Bezeichnung der benachbarten Grünfläche als „Geschwister-Scholl-Park“ werde in Ahlen auf Dauer das Vermächtnis von Hans und Sophie Scholl bewahrt, die der der Nazi-Diktatur die Stirn boten und dafür mit dem Leben bezahlten.

Mit sehr persönlichen Erinnerungen blickte Schulleiterin Paula Rose auf die bewegte Geschichte der Geschwister-Scholl-Schule zurück. Einschneidend sei das Jahr 2012 gewesen, in dem erstmalig nur die Einzügigkeit zustande kam. Zwei Jahre später erfolgte die Fusion mit der Bodelschwinghschule, die als erste aus der Hauptschullandschaft in Ahlen fiel. Der Prozess des Zusammenwachsens sei besser verlaufen als erwartet. „Ich kann nicht mehr erkennen, wer sind die Schollis und wer die Bodels“, habe die an beiden Schulen tätige Berufsberaterin Monika Richter schon nach kurzer Zeit keine Unterschiede mehr feststellen können. Eine „Teamorientierung wie man sie nur aus dem Sport kennt“, machte Lehrer Serdar Önder als eine Besonderheit des Zusammenhalts an der Schule aus. Mit Kollegin Jasmin Berndt gab er einen Schwur auf die Hauptschule ab, „eine Schulform, die ich ins Herz geschlossen habe“, wie Jasmin Berndt von Gefühlen überwältigt bekannte. Elternsprecher Mehmet Türkoglu hob in seinen Grußworten die Anstrengungen der Schule hervor, dass Schülerinnen und Schüler nie aufgegeben worden seien: „Hier ist niemand auf der Strecke geblieben.“ 

Anerkennung zollte Schulrätin Jutta Brambring der Schulgemeinde für die Art und Weise, wie sie den Auslaufprozess angenommen und gestaltet habe. Das Verständnis von Schule, wie es an der Geschwister-Scholl-Schule gelebt wurde, existiere auch in Zukunft fort. „Das Know-how und der Geist gehen mit in andere Institutionen“, sagte sie mit Blick auf die Lehrerinnen und Lehrer, die nach den Ferien an anderen Schulen ihren Dienst fortsetzen werden. Das Schlusswort gehörte Petra Hoffmann, die seit den Anfangstagen als guter Geist der Schule im Sekretariat die Zügel fest in Händen hielt. Umgangsformen seien ihr immer wichtig gewesen. „Da konnte ich hartnäckig sein“, ließ sie den einen oder anderen maulfaulen Schüler auch notfalls dreimal zu sich kommen, bis er das Wörtchen „Bitte“ über die Lippen bekam. Als mit dem Südenstadtteil verbundene Ahlenerin und heute in der städtischen Asylberatung tätige Verwaltungsmitarbeiterin richtete sie an den Bürgermeister einen letzten Wunsch: „Ein kleines Büro im JuK-Jaus, das wäre doch was!“ Ruhe zieht auf den bald verwaisten Schulhof nur für kurze Zeit ein. Die ab dem Sommer frei werdenden Gebäude der Geschwister-Scholl-Schule werden nach Umbauarbeiten im kommenden Jahr von der Mammutschule bezogen.

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