Erinnerung an Leid, das jeden hätte treffen können

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An 22 Stellen im Stadtgebiet erinnern künftig sog. Stolpersteine an Opfer der Nazi-Euthanasie. Am 8. Februar verlegt der Kölner Künstler Gunter Demnig die Steine im Ahlener Straßenpflaster. „Dass auch Menschen aus Ahlen als lebensunwert ermordet oder sterilisiert worden sind, ist eine vielen Bürgerinnen und Bürgern leider unbekannte Tatsache“, weiß Bürgermeister Dr. Alexander Berger.

Niemand habe sich zwischen 1933 und 1945 seines Lebens und seiner körperlichen Unversehrtheit sicher sein können. Wer durch geistige oder körperliche Behinderung sowie Krankheit von der nationalsozialistisch angeordneten Norm abgewichen sei, habe umkommen können in einer der NS-Tötungseinrichtungen, die sich als Heilstätten tarnten. „Daran wollen wir erinnern und mahnen, dass es ein universelles, unteilbares Recht auf Leben gibt“, so Berger.

Mindestens 28 Menschen aus Ahlen, die in der Diktion der Nazis als lebensunwert galten, wurden in die Tötungsanstalten des sogenannten „Dritten Reichs“ eingeliefert. 25 von ihnen kamen dabei ums Leben. Die Geschichte dieser Mordopfer galt in Ahlen bislang als kaum bekannt. Recherchen in den Archiven des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe brachten den städtischen Mitarbeiter Manfred Kehr auf die Spur des von ihnen erlittenen Leids und Unrechts. Ausgelöst hatte die Nachforschungen eine E-Mail, die Bürgermeister Berger vor einem Jahr von Michaela Wiese erhielt.

Die in Rottenburg am Neckar lebende Nachfahrin schilderte darin das Schicksal ihres Großvaters Klemens Wiese. Der 1885 in Ahlen geborene Fabrikarbeiter Klemens Wiese lebte zuletzt an der Anschrift Rottmannstraße 11. Nach einem Suizidversuch war er 1943 in die Provinzialheilanstalt Gütersloh, das heutige LWL-Klinikum für Psychiatrie, eingeliefert worden. Mehr als eintausend Patientinnen und Patienten wurden Opfer der von dort erfolgten sogenannten Euthanasie-Verlegungen, unter ihnen Klemens Wiese. Sein Leidensweg führte von Gütersloh in die Gauheilanstalt Tiegenhof bei Gnesen/Posen, in der über 3500 Menschen durch Vergasung, Medikamente, Hunger, Kälte und katastrophale hygienische Verhältnisse den Tod fanden. Michaela Wiese wird zur Stolpersteinverlegung nach Ahlen reisen und bei dem von Schülerinnen und Schülern gestalteten Programm sprechen. Bürgermeister Dr. Alexander Berger hält Gedenkworte. 

Die Veranstaltung mit Stolpersteinverlegung für Klemens Wiese beginnt am Freitag, 8. Februar, um 9.00 Uhr an der Rottmannstraße 11. Im Anschluss werden im Stadtgebiet die weiteren Steine in das Pflaster eingelassen.

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