Gedenken an das Unaussprechliche
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„Als Kind habe ich nicht verstanden, wenn Erwachsene sich darüber unterhalten haben“, berichtete die pensionierte Lehrerin ihren Zuhörerinnen und Zuhörern. Überhaupt seien auch unter den Opfern nur wenige Worte über die schlimmen Ereignisse verloren worden, die sie von 1933 bis 1945 in Deutschland und den NS-Lagern erleiden mussten.
Heute verstehe Ruth Frankenthal, warum die damals Verfolgten viele Jahrzehnte brauchten, ehe sie ihr Schweigen über das Unaussprechliche brachen. „Man kann darüber nicht sprechen zu seinen Kindern, wir waren entmenschlicht und schämten uns“, habe ihr Vater später gesagt. Erst mit der amerikanischen TV-Serie „Holocaust“ Ende der 70er-Jahre sei in der Gesellschaft und unter den Überlebenden über den Massenmord an sechs Millionen Juden der Mantel des Schweigens gelüftet worden. Vorausgegangen war dem bewegenden Zeitzeugenbericht eine Kranzniederlegung am Bruno-Wagler-Weg.
Schülerinnen und Schüler des Städtischen Gymnasiums und weiterer Ahlener Schulen gedachten mit Bürgermeister Dr. Alexander Berger in einer Schweigeminute am Mahnmal für die Verfolgten des NS-Regimes aller Opfer. Berger rief in der anschließenden Gedenkveranstaltung ins Bewusstsein, dass auch heute noch Juden in Deutschland sich gegen Ausgrenzung und Diskriminierung erwehren müssen. „Trotz aller politischen und schulischen Bildung, entgegen aller gesellschaftlichen Aufklärung versuchen bestimmte Kreise noch immer, aus Deutschsein und Jüdischsein einen unvereinbaren Gegensatz zu konstruieren“, sprach der Bürgermeister die antisemitischen Anfeindungen gegen den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Münster, Sharon Fehr, an. „Wenn Menschen jüdischen Glaubens nicht mehr ungefährdet Davidstern oder Kippa tragen können, dann spricht das auch für sich und für ein beunruhigendes Gesamtklima in Deutschland. Ich wünschte mir auf alle Formen des Alltags-Antisemitismus eine deutlich stärkere Reaktion und Solidarisierung in der Öffentlichkeit.“
Über ihre Eindrücke einer Krakaufahrt im letzten Herbst berichtete eine Schülergruppe der Q1 am „Städtischen“. Bei allem dort geschehenen Schrecken habe das frühere Lager Auschwitz im Sonnenschein gewirkt wie ein harmloser Ort. „Ich wünschte, dass dort nie die Sonne scheint“, drückte Fahrtleiter Tobias Meemann die empfundenen Gefühle aus. „Schmerz und Demut“ würden nur bei einem persönlichen Besuch sichtbar, anders als es beim Schauen einer TV-Dokumentation der Fall sei. Für sein langjähriges Engagement in der Erinnerungsarbeit dankte die Schulgemeinde Friedrich Löper, der die Tradition der Krakaufahrten am Städtischen Gymnasium begründet hatte. Löper tritt Ende Januar in den Ruhestand.