Hauptärgernis: Telekommunikationsverträge – Verbraucherzentrale legt Jahresbericht vor
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Ob windige Vermittler fragwürdige Finanzsanierungen unterschoben, dubiose Anwaltskanzleien mit Mahnschreiben Angst einflößten oder dreiste Telefonanbieter mit unberechtigten Forderungen Kasse machen wollten: Für mehr als 7000 Ratsuchende war die Verbraucherzentrale in Ahlen und in Warendorf 2013 als Anlaufstelle „erste Wahl“. Dafür, dass sie mit Rat und Tat den Menschen bei kniffligen Fragen zur Seite steht, dankte Bürgermeister Benedikt Ruhmöller dem Team der Verbraucherberatungsstelle in Ahlen.
„Sie helfen, die Klippen im Alltag rasch und unparteiisch zu überwinden“, lobte er die Leiterin der Beratungsstelle, Anne Schulze Wintzler, sowie Verbraucherberaterin Daniela Kreickmann und Energieberater Joachim Rölfing für ihren Einsatz. Oft seien die Fälle kompliziert, da stünden Ältere wie Jüngere allein auf weiter Flur. Der Stadt sei es sehr wichtig, diesen bürgernahen Service vor Ort zu haben. Ahlen unterstützt die zweitstärkste Verbraucherberatungsstelle im Münsterland, die ihren Sitz in der ersten Etage des Rathauses hat, mit einem jährlichen Zuschuss in Höhe von 95.000 Euro.
Über die direkten Wege zur Verwaltung zeigte sich auch Leiterin Schulze Wintzler glücklich. „Auf einen so kurzen Draht kann nicht jede Stelle in NRW zugreifen“, findet sie das enge Verhältnis von Verbraucherzentrale und Stadt Ahlen nacheifernswert. Die Vielzahl der Fälle im letzten Jahr habe den Bedarf einer solchen Einrichtung deutlich bewiesen.
Bei den außergerichtlichen Rechtsberatungen und -vertretungen standen Probleme mit Telekommunikationsanbietern im Mittelpunkt: Mehr als ein Viertel der Anfragen rankten sich um Telefon und Internet. Zumeist ging es um nicht nachvollziehbare Posten in der Rechnung oder um Probleme bei der Kündigung von Verträgen. Oftmals gab es mit den Unternehmen gleich mehrere Probleme.
„Unsere Statistik zeigt nicht die Spitze, sondern nur einen Punkt auf der Spitze des Eisbergs“, erläutert Anne Schulze Wintzler: Hinter jeder Anfrage, die sich hier niederschlage, verberge sich eine hohe Dunkelziffer von Verbraucherinnen und Verbrauchern mit ähnlichen Problemlagen.
Mit der Einführung neuer Telefonnummern legt die Beratungsstelle die technische Grundlage für einen verbesserten Kundenservice. Geplant ist ein zielgerichtes Routing, mit dem die Wartezeiten verkürzt und die Erreichbarkeit verbessert werden. Unter der 96 131 01 gibt es ab sofort den direkten Draht zum Beratungsteam. Energieberater Joachim Rölfing ist nun unter der eigenen Telefonnummer 96 131 05 direkt erreichbar.
Kinder zu Energiedetektiven machen
Die Energieberatung der Verbraucherzentrale im Ahlener Rathaus punktete mit vielen Tipps für Verbraucherinnen und Verbraucher vor Ort. Unter dem Motto „Licht richtig auswählen“ gab die Verbraucherzentrale Informationen rund um den Kauf verschiedener Leuchtmittel. Die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Lichtquellen wurden dabei ebenso beleuchtet wie die umweltverträgliche Entsorgung ausgedienter Lampen. Junge Verbraucherinnen und Verbraucher konnte die Verbraucherzentrale als „Energiedetektive“ zu Fahndern nach Stromfressern qualifizieren. Mit Indizien und Hinweisen gespickt, hieß es für die jungen Stromsparer dann: Fahndung läuft! Ob zu Hause, bei Verwandten oder im Freundeskreis – mit detektivischem Spürsinn ging’s ans Werk, anderen mitzuhelfen, damit Energieverschwendung der Saft abgedreht wird.
Verbraucherzentrale bekommt Probleme vom Eis
Mit außergerichtlicher Rechtsberatung bekommt Schulze Wintzlers Team Verbraucherprobleme vielfach vom Eis. Die Anfragen und Beschwerden seien aber auch ein Fingerzeig, wo sich Fallstricke in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auftun oder Gesetze Schlupflöcher für unlauteres Verhalten bieten. „Hier setzt sich die Verbraucherzentrale NRW ein, um Missstände branchenweit etwa auf dem Rechtsweg abzustellen oder um bei der Politik Nachbesserungen für mehr Verbraucherschutz zu reklamieren“, erläutert sie die „Eisbrecherwirkung“ von Verbraucherarbeit.
Jüngstes Beispiel: Mit einer Klage gegen unwirksame Preisanpassungsklauseln in den Gassonderkundenverträgen von RWE hat die Verbraucherzentrale 2013 beim Bundesgerichtshof obsiegt. Geld zurück aus ungerechtfertigten Preiserhöhungen erhielten nicht nur die an der Klage beteiligten Kunden, sondern auch die Gaskunden anderer Versorger mit gleichlautenden Klauseln können auf Erstattung pochen. Übrigens: Fragen rund um den Energiemarkt waren nicht zuletzt angesichts der steigenden EEG-Umlage und damit einhergehender Strompreiserhöhungen ein Beratungsdauerbrenner.
Schwerpunkt Telekommunikation
Die Novelle des Telekommunikationsgesetzes hat Preisansagen bei Call-by-Call-Gesprächen verpflichtend gemacht und kostenpflichtige Warteschleifen drastisch eingeschränkt. Auch für die Portierung des Telefonanschlusses beim Umzug wurde ein Zeitfenster von einem Tag vorgegeben. Doch ungeachtet dieser Verbesserungen: Auch 2013 gab es im Telekommunikationsmarkt immer noch reichlich Stolperfallen. Mal schoben sich die Anbieter gegenseitig die Verantwortung für die tote Leitung zu, mal wurden Preise nicht deutlich genug angesagt.
Nach vermeintlich unverbindlichen Beratungsgesprächen in Telefonläden erhielten Kunden plötzlich Auftragsbestätigungen über neue Telefon-Komplettpakete mit zusätzlichen Kosten inklusive. Und dies, obwohl jede Einwilligungserklärung oder Unterschrift fehlte.
Ärgernis Abmahnung
Massenhafte Abmahnungen wegen vermeintlicher Urheberrechtsverletzungen bilanziert die Beratungsstelle auch 2013: So verschickte die Kanzlei Urmann und Collegen (U + C) im Dezember Schreiben, dass über die Plattform redtube.com Pornofilme gestreamt und damit Urheberrechte verletzt worden sein sollten. Auch hier mutmaßt die Beratungsstellenleiterin übrigens den Eisberg-Effekt: „Zu uns kommt nur der Punkt auf der Spitze des Eisbergs – der Rest ärgert sich, unterschreibt die geforderte Unterlassungserklärung und zahlt.“
Energietarife
„Verboten günstig“: Mit diesem Slogan hatte der Strom- und Gashändler Flexstrom geworben. Doch spätestens seit dem 12. April 2013 hatte die Werbebotschaft eine neue Bedeutung, denn das Berliner Unternehmen musste Insolvenz anmelden. Hunderttausenden schuldete der Konzern meist dreistellige Beträge, die Strom- und Gaskunden als Vorauszahlung überwiesen hatten. Die Verbraucherzentrale im Kreis Warendorf half mit rechtlicher Beratung, um Ansprüche geltend zu machen und gab Tipps für den Wechsel zu einem neuen Versorger.
Üble Trojaner
Zu schaffen machten Ratsuchenden zahlreiche E-Mails mit trojanischen Pferden im Anhang. In diesen betrügerischen E-Mails sollen Verbraucher durch eine Masche dazu gebracht werden den virenverseuchten Anhang zu öffnen, der dann ein trojanisches Pferd auf dem Rechner installiert. Einmal installiert späht das trojanische Pferd ihre Aktivitäten auf dem PC aus und sendet diese (darunter auch Passwörter!) an die Betrüger.
Der Verbraucherzentrale wird vertraut
Mit ihren Angeboten und Aktivitäten konnte die Verbraucherzentrale auch in Sachen Image punkten: Sie gilt als glaubwürdig und zuverlässig – die Menschen hierzulande attestieren ihr ein seriöses Image. Das hat eine TNS EMNID-Umfrage im September 2013 zutage gebracht. 88 Prozent der Nutzer waren mit der Beratung sehr bis ziemlich zufrieden. 94 Prozent beschrieben sie als „nützlich“.