Haus Holtermann unter der Lupe: Eisenträger drücken aufs Gestein
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Eine Hebebühne vor Haus Holtermann weckt neue Hoffnungen. „Ja, wir sind da ganz aktiv“, bestätigt Nicole Wittkemper-Peilert. Am vergangenen Donnerstag waren erste Erkenntnisse einer Fassadeninspektion spruchreif, für die es am Dienstagnachmittag zuvor in die Höhe ging. Ergebnis vorweg: Die Schäden sind fortgeschritten. Akute Gefahr, dass größere Teile herausbrechen, besteht augenscheinlich aber nicht.
„Von unten kann man nicht alles sehen“, erklärt Ahlens Denkmalschutzbeauftragte den Einsatz der Hebebühne. Mit ihr erneut an Bord: Architekt Volker Lembken, der schon vor elf Jahren bei einer vergleichbaren Bestandsaufnahme dabei war. Jetzt sei es an der Zeit gewesen, das zu wiederholen und Veränderungen festzustellen, so Wittkemper-Peilert im Redaktionsgespräch. Zuletzt hatten Aktivisten den freien Verfall der denkmalgeschützten Jugendstilfassade mit Transparenten angeprangert.
Die Ergebnisse von 2009 in den Händen, steuerten die beiden Sachverständigen jetzt gezielt kritische Punkte an. Nicole Wittkemper-Peilert nennt die Balkone. Dort seien die Schäden offensichtlich, aber nicht so akut, dass die Behörde tätig werden müsste. Fortschritte des Verfalls auch an den Fensterstürzen. „Es gibt viele Eisenträger in der Fassade“, erklärt die Denkmalschutzbeauftragte. Durch Korrosion gingen sie in die Breite. Mit der Folge, dass Gestein weggesprengt werde. Das gelte für Ziegel, weichen Schlackestein, harten Putz und auch für die schönen Stuckteile. Was von unten ganz gut zu erkennen sei. Fazit – wie zu erwarten: „Die Schäden sind fortgeschritten.“ Kleinstgestein könne rausfallen, akute Gefahr sei aber nicht erkennbar. Architekt Volker Lembken werde jetzt eine neue Schadenskartierung erstellen, die im Laufe des Herbstes fertig sei.
Die Stadt Ahlen hatte Eigentümer Stephan Arztberg vorab über ihren Ortstermin informiert. Der Ahlener mit Wohnsitz München kam über Zwangsversteigerungen an das Juwel am Markt. Im Jahr 2012 erwarb er das Wohnhaus, 2015 das Geschäftshaus. Seither gammelt der Bau vor sich hin. Im Vorjahr hatten Aktivisten mit teils nächtlichen Aktionen an den Eigentümer appelliert, endlich etwas zu unternehmen. Auf eine Postkartenaktion reagierte er mit dem öffentlichen Aushang, tätig werden zu wollen.
„Wir haben den Eigentümer informiert, dass es jetzt an der Zeit ist, Fördermittel zu beantragen“, sagt Nicole Wittkemper-Peilert. Für den Zuschuss der Denkmalschutzbehörde bei der Bezirksregierung Münster müsste ein entsprechender Antrag für eine Fassadenrestaurierung bis zum Monatsende vorliegen. Ein ganz neuer und interessanter Topf trage den Titel „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in NRW 2020“. Er sei eine Reaktion auf die Coronakrise zur Attraktivitätssteigerung der Handelszentren. Die Stadt Ahlen würde den Antrag stellen und eine Machbarkeitsstudie beantragen. Das erspare dem Eigentümer Planungskosten. Vorausgesetzt, er unterschreibe eine Kooperationsvereinbarung.
(Quelle: Ahlener Zeitung vom 25.09.2020, Ulrich Gösmann)