Heilsamer „Brexit“-Schock – Europäische Idee trägt
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Insbesondere das ab 2020 neu aufgelegte EFRE-Programm biete Chancen, um in Stadt und Region einen Innovationsschub auszulösen, so Pieper in dem Gespräch, an dem CDU-Stadtverbands- und Ratsfraktionsvorsitzender Peter Lehmann sowie Fraktionsgeschäftsführer Ralf Marciniak teilnahmen.
Wie sehr es sich lohnt, europäische Töpfe anzuzapfen, zeige laut Pieper die aktuelle Förderperiode. So stelle die Europäische Union allein für Nordrhein-Westfalen mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung, unter anderem zur Förderung nachhaltiger Quartiersentwicklungen. Seit Beginn des Strukturwandels profitiere Ahlen erheblich von den Strukturhilfen aus Brüssel, erinnerte Bürgermeister Berger. Es seien erhebliche europäische Mittel nach Ahlen geflossen, um die Zeche Westfalen „zu einem modernen Gewerbegebiet mit Erlebnis- und Freizeitwert umzubauen.“
Markus Pieper betonte, wie sehr europäische Regelungen der exportorientierten Ahlener Wirtschaft – und damit auch tausenden von Arbeitsplätzen - nutzen: „Aus 150.000 Industrienormen der Nationalstaaten machte die EU 17.000. Dazu offene Grenzen, nur eine Währung, eine europaweite Chemikalienpolitik, Verbraucherschutzgesetzgebung sowie nur ein und nicht 28 CE-Kennzeichen für geprüfte Sicherheit.“ Auch wenn es sich paradox anhöre, aus Sicht exportorientierter kleiner und mittlerer Firmen sei die EU ein einzigartiges Entbürokratisierungsprogramm. Nicht mehr hören könne der Abgeordnete, wenn Europa in populistischer Absicht auf Gurkenkrümmung und Glühbirnenverbot reduziert werde.
Angesichts der positiven Effekte für Handel und Friedenssicherung werde für Pieper der damit verbundene Aufwand überzogen kritisch dargestellt. „Europa ist im Vergleich ein Winzling.“ Dem Landeshaushalt von 70 Milliarden Euro und dem Budget des Bundes in Höhe von 350 Milliarden stünden lediglich 140 Milliarden Euro im EU-Haushalt gegenüber, „und das für 28 Mitgliedsstaaten.“ Eine deutliche Absage erteilte Pieper der Transfer- und Schuldenunion, vergemeinschafteten Sozialsystemen sowie einem europäischen Finanzminister, der die EU verschulden darf. „Das halte ich für kontraproduktiv für den Zusammenhalt in der Union.“ Bürgermeister und CDU-Vertreter stimmten zu, dass ein „föderaler europäischer Superstaat“ nicht die Vision von Europa sei, die sich die Bürgerinnen und Bürger wünschten.
Bürgermeister Berger verlangt grundsätzlich mehr Anstrengungen, um der grassierenden Europamüdigkeit Einhalt zu gebieten. Der Schock über den „Brexit“ habe wohl manchen Skeptiker geheilt. Auch wenn im Detail Verbesserungen notwendig seien, so trage die europäische Idee noch immer. „Das darf nicht wieder passieren“, bekannten sich Berger und Pieper unisono zu „Europa“. Für das europäische Bewusstsein von großer Bedeutung seien bürgerschaftliche Kontakte ins benachbarte Ausland, die „häufig das heilen, was im Großen kaputtgeht.“