14 Kilo Stadtgeschichte – Grundbuch des Kirchspiels Alt-Ahlen entdeckt
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Prachtvoll und nicht nur in seiner stadthistorischen Bedeutung gewichtig ist das Grundbuch, das vor wenigen Tagen in den Besitz der Stadt Ahlen gefallen ist. „Gut 14 Kilo“, sagt Jürgen Rheker, der das Grundbuch des „Kirchspiels Alt-Ahlen, Band 1“ auf die Waage gelegt hat. Für den ehrenamtlichen Stadtchronisten ist das 1830 aufgeschlagene und um 1900 geschlossene Buch keines mit den sprichwörtlich „sieben Siegeln“. Flüssig, ohne ins Stocken zu geraten, entziffert der Hobby-Historiker die in geschwungenem Alt-Deutsch gehaltenen handschriftlichen Einträge in den noch heute bekannten Abteilungen 1 bis 3, die Eigentümer, Lasten und Beschränkungen sowie Grundschulden pp. aufführen.
Dem Zufall ist es zu verdanken, dass das amtliche Werk heute wieder in Ahlen aufbewahrt wird. Eine Ahlener Bürgerin, die auf Möbelsuche beim Ennigerloher Verein Horizonte nach Fundstücken stöberte, entdeckte das Buch in einem Nebenraum des Lagers. „Nachdem wir diese Nachricht erhielten, traten Kollege Wolfgang Peitz und ich unverzüglich mit Dr. Thorwirth in Verbindung, um uns nach dem Schatz zu erkundigen“, erinnert sich Hauptamtsleiter Ulrich Schwar an die erste Kontaktaufnahme. Schnell sei vereinbart gewesen, dass das Buch zurück zu seinem Ursprung müsse. Horizonte-Geschäftsführer Thorwirth übergab wenige Tage später das Dokument im Rathaus. Woher es genau stammt, kann auch Ralf Thorwirth nicht mehr enträtseln. „Es war wohl eine Haushaltsauflösung, irgendwo in der nördlichen Ahlener Innenstadt“, soviel ließe sich rekonstruieren. Über welche verschlungenen Wege das Buch aber von seinem eigentlichen Bestimmungsort in den privaten Haushalt geriet, darüber können Horizonte-Chef und Hauptamtsleiter nur spekulieren.
Für das über einen halben Meter hohe und gut zehn Zentimeter dicke Buch, das einer bestimmten Behörde nicht mit restloser Sicherheit zugeordnet werden kann, muss der für das Archivwesen zuständige Fachbereichsleiter Christoph Wessels keinen dauerhaften Platz im Rathaus finden: „Es stammt wohl aus amtlichen Beständen der Gerichtsbarkeit und wird nach gründlichem Studium dem zuständigen Archiv übergeben werden, um es damit der allgemeinen Forschung zugänglich zu machen.“ Nicht nur der Wissenschaft, auch manchem privaten Familienforscher dürfte es noch unvermutete Erkenntnisse bescheren. „Eingetragen sind viele Namen von Besitzern und Nachbesitzern in den Bauerschaften Borbein, Oestrich, Ester und Brockhausen, die auch heute noch wohlbekannt sind“, fand Jürgen Rheker bei seiner Lektüre heraus. Bemerkenswert seien für ihn auch „die Hinweise auf längst untergegangene Hand- und Spanndienste, ob wiederkehrende oder solche auf Abruf zu Gunsten der Stadt oder der Kirchengemeinde.“
Durchgängig tauchen ebenso regelmäßige Abgaben auf, die wie „Zwey Ahlensche Müdde Roggen“, sogenanntes Morgenkorn, jährlich an „Martini“ (Martinstag 11. November) zu entrichten („prästiert“) waren. So beeindruckend das alte Grundbuch allein wegen seiner stattlichen Ausmaße auch wirkt, von einem „Sensationsfund“ möchte Rheker dann doch nicht sprechen. „Es handelt sich letztlich um eine aufschlussreiche stadtgeschichtliche Quelle, gerade für historisch Interessierte, die Höfeforschung betreiben“, versucht der Stadtchronist eine Einordnung. Die vielen über die Jahrzehnte erfolgten Streichungen und Ergänzungen, zuletzt in den 1920er-Jahren, machen das Buch allerdings an zahlreichen Stellen unübersichtlich und wenig „nutzerfreundlich“, wie man heutzutage sagen würde.
Jürgen Rheker, der selbst Verwaltung von der Pike auf gelernt und als Personalleiter der Stadt Ahlen vor wenigen Jahren in den Ruhestand trat, schätzt deswegen die Errungenschaften der Neuzeit: „Heute werden die Grundbücher computergestützt geführt und Auszüge in Lose-Blatt-Form zugeschickt, das ist deutlich effizienter und zeitgemäßer“, muss der Hobby-Historiker aus praktischen Erwägungen einräumen - auch, wenn dabei der unverwechselbare Duft verloren geht, den nur altes Papier entfaltet und der das Herz des ortsgeschichtlichen Forschers stets höher schlagen lässt.
14 Kilo Stadtgeschichte – Grundbuch des Kirchspiels Alt-Ahlen entdeckt
Prachtvoll und nicht nur in seiner stadthistorischen Bedeutung gewichtig ist das Grundbuch, das vor wenigen Tagen in den Besitz
der Stadt Ahlen gefallen ist. „Gut 14 Kilo“, sagt Jürgen Rheker, der das Grundbuch des „Kirchspiels Alt-Ahlen, Band 1“ auf die
Waage gelegt hat. Für den ehrenamtlichen Stadtchronisten ist das 1830 aufgeschlagene und um 1900 geschlossene Buch keines mit
den sprichwörtlich „sieben Siegeln“. Flüssig, ohne ins Stocken zu geraten, entziffert der Hobby-Historiker die in geschwungenem
Alt-Deutsch gehaltenen handschriftlichen Einträge in den noch heute bekannten Abteilungen 1 bis 3, die Eigentümer, Lasten und
Beschränkungen sowie Grundschulden pp. aufführen.
Dem Zufall ist es zu verdanken, dass das amtliche Werk heute wieder in Ahlen aufbewahrt wird. Eine Ahlener Bürgerin, die auf
Möbelsuche beim Ennigerloher Verein Horizonte nach Fundstücken stöberte, entdeckte das Buch in einem Nebenraum des Lagers.
„Nachdem wir diese Nachricht erhielten, traten Kollege Wolfgang Peitz und ich unverzüglich mit Dr. Thorwirth in Verbindung, um
uns nach dem Schatz zu erkundigen“, erinnert sich Hauptamtsleiter Ulrich Schwar an die erste Kontaktaufnahme. Schnell sei
vereinbart gewesen, dass das Buch zurück zu seinem Ursprung müsse. Horizonte-Geschäftsführer Thorwirth übergab wenige Tage
später das Dokument im Rathaus. Woher es genau stammt, kann auch Ralf Thorwirth nicht mehr enträtseln. „Es war wohl eine
Haushaltsauflösung, irgendwo in der nördlichen Ahlener Innenstadt“, soviel ließe sich rekonstruieren. Über welche
verschlungenen Wege das Buch aber von seinem eigentlichen Bestimmungsort in den privaten Haushalt geriet, darüber können
Horizonte-Chef und Hauptamtsleiter nur spekulieren.
Für das über einen halben Meter hohe und gut zehn Zentimeter dicke Buch, das einer bestimmten Behörde nicht mit restloser
Sicherheit zugeordnet werden kann, muss der für das Archivwesen zuständige Fachbereichsleiter Christoph Wessels keinen
dauerhaften Platz im Rathaus finden: „Es stammt wohl aus amtlichen Beständen der Gerichtsbarkeit und wird nach gründlichem
Studium dem zuständigen Archiv übergeben werden, um es damit der allgemeinen Forschung zugänglich zu machen.“ Nicht nur der
Wissenschaft, auch manchem privaten Familienforscher dürfte es noch unvermutete Erkenntnisse bescheren. „Eingetragen sind viele
Namen von Besitzern und Nachbesitzern in den Bauerschaften Borbein, Oestrich, Ester und Brockhausen, die auch heute noch
wohlbekannt sind“, fand Jürgen Rheker bei seiner Lektüre heraus.
Bemerkenswert seien für ihn auch „die Hinweise auf längst untergegangene Hand- und Spanndienste, ob wiederkehrende oder solche
auf Abruf zu Gunsten der Stadt oder der Kirchengemeinde.“ Durchgängig tauchen ebenso regelmäßige Abgaben auf, die wie „Zwey
Ahlensche Müdde Roggen“, sogenanntes Morgenkorn, jährlich an „Martini“ (Martinstag 11. November) zu entrichten („prästiert“)
waren.
So beeindruckend das alte Grundbuch allein wegen seiner stattlichen Ausmaße auch wirkt, von einem „Sensationsfund“ möchte
Rheker dann doch nicht sprechen. „Es handelt sich letztlich um eine aufschlussreiche stadtgeschichtliche Quelle, gerade für
historisch Interessierte, die Höfeforschung betreiben“, versucht der Stadtchronist eine Einordnung. Die vielen über die
Jahrzehnte erfolgten Streichungen und Ergänzungen, zuletzt in den 1920er-Jahren, machen das Buch allerdings an zahlreichen
Stellen unübersichtlich und wenig „nutzerfreundlich“, wie man heutzutage sagen würde.
Jürgen Rheker, der selbst Verwaltung von der Pike auf gelernt und als Personalleiter der Stadt Ahlen vor wenigen Jahren in den
Ruhestand trat, schätzt deswegen die Errungenschaften der Neuzeit: „Heute werden die Grundbücher computergestützt geführt und
Auszüge in Lose-Blatt-Form zugeschickt, das ist deutlich effizienter und zeitgemäßer“, muss der Hobby-Historiker aus
praktischen Erwägungen einräumen - auch, wenn dabei der unverwechselbare Duft verloren geht, den nur altes Papier entfaltet und
der das Herz des ortsgeschichtlichen Forschers stets höher schlagen lässt.