„Jeder Tag ist ein Gedenktag“ – Bürgerschaft erinnert an 9. November 1938
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Auf Grundlage der Arbeiten des Historikers Dr. Hans-Werner Gummersbach erstellten sie in Absprache mit der Volkshochschule einen digitalen Erinnerungsort, der früheres jüdisches Leben in Ahlen beleuchtet.
Mehr hier: Biparcours-Projekt: Diff-Kurs 9 GePo stellt digitales Projekt zum jüdischen Leben in Ahlen vor - Gymnasium St. Michael - Ahlen
Gemeinsam mit den Stolpersteinen, von denen im Januar annähernd 200 im Ahlener Straßenpflaster eingelassen sein werden, lassen sich digital wie analog die Spuren jüdischen Lebens und Geschichten der NS-Verfolgten ablesen. Auf diesem Wege erhielten die Opfer Gesicht und Würde zurück, so Berger. Das Schüler-Projekt sei umso wichtiger, als dass die letzten Zeitzeugen, die von Untaten und Leid berichten könnten, schon bald verstorben sein werden. „Es schwindet die Vorstellung davon, was der Nationalsozialismus angerichtet hat. In unserer Verantwortung liegt es, dass seine Schrecken nicht relativiert werden und eine ständige Auseinandersetzung mit der Zeit stattfindet, in der der NS-Staat Leid und Elend über die Menschheit brachte.“
Berger stellte fest, dass vom Diskurs über die Opfer nicht die Täter getrennt werden könnten. Es seien keine anonymen Mächte gewesen, die in Deutschland das Klima schufen, in dem unscheinbar biedere Bürger zu gewissenlosen Mördern, willfährigen Helfershelfern und gleichgültigen Schreibtischtätern mutierten. „Wenn im Kampf gegen den neuen Antisemitismus die Gesellschaft eine höhere Verantwortung bekommt, dann müssen wir auch diesem Kapitel sichtbare Zeichen setzen und Rechenschaft verlangen.“ In der Diskussion über die Integrität von Namensgebern verschiedener Straßen sei ein Vorschlag als Alternative zur Umbenennung weitgehend unbeachtet geblieben. „Erläuternde Zusatzschilder, so wie wir sie an vielen Straßenschildern finden, sollten Aufschluss geben über die Verstrickungen der in Frage stehenden Namensgeber in das NS-System“, schlug der Bürgermeister vor. Er halte die Zeit für gekommen, „diese kluge Idee wieder aufzugreifen und damit sichtbar einen Beitrag zur Aufklärung und Erinnerungskultur zu leisten.“
In sehr persönlichen Worten ließ der Historiker und Verfasser des Standardwerkes über die NS-Verfolgung in Ahlen („Der Weg nach Auschwitz begann auch in Ahlen“), Hans Werner Gummersbach, antisemitische Taten der letzten Jahrzehnte Revue passieren. An judenfeindliche Vorkommnisse habe sich die Öffentlichkeit gewöhnt, sie seien nahezu an der Tagesordnung. Die Haltung sollte sein: „Jeder Tag ist ein Gedenktag“. Bürgermeister Berger erinnerte zum Abschluss der vom Musikverein Vorhelm umrahmten Gedenkveranstaltung an die im letzten Jahr verstorbene Ruth Frankenthal, frühere jüdische Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Münster. „Antisemitismus ist ein Verbrechen. Nichts kann seine mörderische Intention relativieren. Diese Botschaft vermittelte uns Ruth Frankenthal.“ Als Lehrerin habe sie ihr Talent eingebracht, mit jungen Leuten zu reden, auch bei Besuchen in Ahlener Schulen. Regelmäßig sprach sie auf der Gedenkveranstaltung zum 9. November in Ahlen. Berger schloss mit den Worten: „Ruth Frankenthal wird der Stadt Ahlen fehlen.“