Komponist, Antisemit und ein Profiteur des NS Regimes
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„Hans Pfitzner war ein Komponist, Antisemit und ein Profiteur des NS Regimes, aber kein Parteigenosse“, sagte Professor Dr. Michael Custodis. Der Musikwissenschaftler der Uni-Münster referierte am Montagabend im Ratssaal zu dem bekannten Musiker. Die Informationsveranstaltung befasste sich mit dem Mann dessen Name eine Straße im Ahlener Westen trägt.
„Es ist eine Ratsentscheidung oder Namen beleibt oder geändert werden muss, doch ich halte eine Diskussion mit den Anwohnern und den Bürgern der Stadt darüber für wichtig“, erklärte Bürgermeister Benedikt Ruhmöller zum Beginn des Vortrags. Als Anwohner konnte der Stadtchef schmunzelnd auch noch einige Nachbarn begrüßen.
Professor Custodis ging streng nach Fakten und Akten vor. „Es steht hier nur die Aktenlage, nicht der Künstler im Blickpunkt“, machte der Wissenschaftler zu Beginn klar. Mit zahlreichen Dokumenten wie Konzertbesprechzungen aus der Kriegszeit und anderen Dokumenten zeigte Michael Custodis in einer Computerpräsentation den Werdegang des 1869 geboren Musikers. Bereits vor dem ersten Weltkrieg begann seine Karriere. Dabei war Pfitzner schon lange vor den Nazis ein bekennender Antisemit. „Das galt jedoch nicht für seine Zusammenarbeit mit jüdischen Musiker, hier konnte er sich sein Weltbild passend machen“, stellte der Münsteraner fest. Dabei näherte sich Pfitzner, als ein nach dem Zusammenbruch der Monarchie, Deutsch-Nationaler, langsam den Nazis an. „In der Frühphase traf er mit Hitler in München zusammen, doch konnten beide nichts mit einander anfangen“, stellte Custodis fest. Der Abstand zwischen dem Möchtegern-Maler Hitler und dem etablierten Musiker war einfach zu groß. Wahrscheinlich erschien der politische Hitzkopf aus Österreich dem angesehenen Star der Musik auch zu unbedeutend. „Pfitzner hat sich der NS-Ideologie immer dann bedient, wenn es seiner Karriere opportun erschien“, wusste der Professor. Manchmal legte sich des Komponisten gewaltiges Selbstbewusstsein mit Nazigrößen an. So anlässlich seiner Pensionierung. Die empfand Pfitzner als ungeheurere Demütigung. Es folgte ein gewaltiger Streit mit Goebbels und Göring. „Das hatte nichts mit Widerstand zu tun, es war reine Karrierepolitik“, stellte der Musikwissenschaftler klar. Pfitzner hielt seiner Ideologie die Treue über das Ende des Naziregimes hinaus. Das belegt nicht nur sein Briefwechsel mit dem in Nürnberg inhaftierten Kriegverbrecher Hans Frank. Der war als „Polenschlächter bekannt und Generalgouverneur des überfallenen Polen. Noch Jahre nach dem Kriegsende bedauerte Hans Pfitzner öffentlich in die „unzureichenden Maßnahmen Hitlers gegen das Judentum“. „Ich rat zu einer Umbenennung der Straße“, schloss der Wissenschaftler seine Ausführungen.
Die folgende Diskussion verlief sehr kontrovers. Karl-Heinz Meiwes stellte ein ganz praktische Frage: „Was passiert mit der Änderung der Dokumente, wie Personalausweis und Führerschein im Falle der Umbenennung“. Der Verwaltungschef versicherte sich für eine Kostenübernahme der Stadt stark zu machen, Briefbögen und Visitenkarten könne er jedoch nicht berücksichtigen.
Autor: Peter Schniederjürgen