Mit Klartext gegen die Sucht - Jugendgerichtshilfe sensibilisiert Jugendliche
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Dass es schneller gehen kann als gedacht, weiß Sozialarbeiter Daniel Marr, Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe der Stadt Ahlen, der den Kurs leitet: „Deswegen bin ich froh, dass wir mit Timo Schüsseler einen Gastreferenten gewinnen konnten, der durch seine eigene Sucht selbst schon ganz unten gewesen ist und weiß, wovon er spricht.“
Die Jugendgerichtshilfe der Stadt Ahlen verzeichnete in den letzten Jahren einen massiven Anstieg an Straftaten, die in Zusammenhang mit Alkohol oder anderen Drogen entstanden sind. „Von 2015 bis 2017 hat sich allein die Zahl der Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz mehr als verdreifacht“, weiß Marr. Auch wenn dies eher ermittlungstaktische Ursachen habe, so seien doch erzieherische Maßnahmen entwickelt worden, die auf diesen Trend reagieren. „Sozialstunden“, ergänzt Timo Schüsseler, „bringen die Jugendlichen nicht weiter, wenn sie regelmäßig kiffen oder exzessiv saufen. Die Jungs sollen sich mit dem Thema auseinandersetzen, das sie letztlich vor Gericht gebracht hat.“
Genau das haben die Jugendlichen nun über einen Zeitraum von acht Wochen getan. Ihre Teilnahme ist als jugendrichterliche Auflage keineswegs freiwillig. „Letztlich waren wir selbst überrascht, wie offen die Jungs sich auf den Kurs eingelassen und mitgemacht haben“, so Marr. Neben der reinen Wissensvermittlung wie etwa der Stoffkunde oder der Aufklärung über körperliche und psychische Folgen haben die Fachkräfte immer wieder das Thema Emotionen in den Fokus gerückt. „Bei allen Süchten steht nicht der Stoff, sondern die emotionale Wirkung, die er auslöst, im Vordergrund“, erklärt Timo Schüsseler.
Doch der mittlerweile trockene Alkoholiker ist nicht der einzige Experte, der den Kurs unterstützt. Neben ihm haben auch ein Lehr-Notfallsanitäter und ein Justizvollzugsbeamter über ihre tägliche Arbeit mit konsumierenden Menschen berichtet. „Uns war wichtig, das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven mit klarer und einfacher Sprache zu beleuchten“, so Marr. Einige, die nicht regelmäßig konsumieren, würden irgendwann alleine den Absprung schaffen. Die meisten wirklich Abhängigen bräuchten aber Unterstützung, um von Alkohol oder Cannabis wegzukommen und manchmal reiche eine ambulante Therapie dann nicht mehr aus. Wo es in Ahlen Hilfe und Beratung gibt, haben die Teilnehmer gemeinsam mit den Kursleitern bei den zwei Fachstellen der Caritas und der Drogenberatungsstelle bei ihrem Besuch vor Ort gelernt.
Und welches Fazit ziehen die Jugendlichen selbst? „Ich hab‘ auf jeden Fall viel über mich selbst nachgedacht und weiß jetzt, dass ich meine Ausbildung knicken kann, wenn ich weiter so viel trinke!“, reflektiert David* und stößt mit den anderen Teilnehmern und den Kursleitern auf den erfolgreichen Abschluss des Kurses an. Mit Cola – versteht sich!
Weitere Auskünfte zum Angebot der Jugendgerichtshilfe der Stadt Ahlen erteilt Daniel Marr unter Tel. 02382 59281 (marrd@stadt.ahlen.de).
* Namen geändert