Nachrichten für die Zielgruppe: Mehmet Tanli verbreitet Informationen auf Türkisch
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Kein anderes Thema - „außer vielleicht Fußball“ - werde in den türkischsprachigen Medien derzeit so intensiv behandelt. „Nein, ein Informations- und Kommunikationsproblem gibt es nicht“, kann Tanli mit Sicherheit ausschließen, dass - anders als gelegentlich vermutet -, Menschen mit türkischer Zuwanderungsgeschichte schlechter über die Situation in Ahlen und der Welt informiert seien.
Tanli räumt ein, „dass türkische Menschen so gut wie gar nicht deutsche Tageszeitungen lesen“. Das sei aber auch nicht zwingend notwendig, „um am Ball zu bleiben“. Das Medienverhalten sei in der Community ein ganz anderes. So nutze dieser Kreis intensiv elektronische und Soziale Medien. Täglich bedient Tanli in Deutschland ansässige und beliebte türkischsprachige Presseportale wie „Ha-ber.com“, „ABC Gazete“, „Dakik.haber“ oder die schwerpunktmäßig mit Nachrichten für Menschen im Ruhrgebiet erscheinende „NRW-Post“. Dazu übersetzt er städtische Presseinformationen und teilt Angebote des Integrationsteams und seiner Kooperationspartner mit. „Ich bekomme eine Menge Rückmeldungen und weiß, dass das gelesen wird.“ Ausgesuchte Multiplikatoren wie Vereinsvorsitzende, aktuelle und frühere Mitglieder des Integrationsrates, Lehrende oder in der sozialen Arbeit Tätige erhalten die Informationen ebenfalls per E-Mail und teilen sie auf ihren Kanälen. Allein 150 Ahlener Adressen stehen in Tanlis Mailverteiler. Wichtige Corona-Informationen sind veröffentlicht im türkischsprachigen Teil der städtischen Homepage www.ahlen.de. Auch darauf wird regelmäßig mit Posts verlinkt.
1980 kam Tanli aus der Türkei nach Berlin. Als Student wollte er hier lernen und später zurück zu seiner Familie in die Türkei gehen. Dann aber kam der anti-demokratische Militärputsch in seiner Heimat und Tanli blieb in Deutschland. In der „Community“, wie Tanli die Gemeinschaft der Menschen mit türkischen Wurzeln bezeichnet, kennt ihn jeder. Und er kennt fast jeden und jede, weiß „was läuft“. Sein größtes Kapital sei „das Vertrauen, dass die Menschen in mich haben.“ Ausgleichend vermittelt er Anliegen, Empfindungen und Erwartungen der Menschen aus dem türkischen Kulturkreis in die deutsche Mehrheitsgesellschaft. „Ich erwarte aber auch, dass sich Zugewanderte hier engagieren und als Teil der Gesamtgesellschaft einbringen. Und das bringe ich auch deutlich zum Ausdruck, was nicht allen immer gefällt“.
Nicht anders sieht das Ahmet Salincakli. Er ist Herausgeber der türkischsprachigen Zeitung „Haber aktuell“. Monatlich wird sie in einer Auflage von 27.000 Exemplaren kostenlos an türkischstämmige Haushalte in den Kreisen Warendorf und Unna sowie in der Stadt Hamm verteilt. In Sozialen Medien veröffentlicht er tagtäglich lokale Aktualitäten für hier lebende Menschen aus dem türkischen Kulturkreis. Dass Migranten in Deutschland muttersprachliche Medien nutzen können, halten beide für wichtig. Wer das nicht gut finde, solle daran denken, dass es auch deutschsprachige Medien überall dort gebe, wo sich deutsche Auswanderer und Residenten aufhalten. „Das erhöht die Bereitschaft zur Integration und ermöglicht es den Leuten, am Leben um sie herum teilzuhaben“, so Salincakli. Kommunen, Parteien, Vereine und deutsche Werbetreibende nutzen die „Haber aktuell“ regelmäßig für ihre Veröffentlichungen.
Das derzeit alles überstrahlende Thema sei auch in der „Haber aktuell“ die Covid-19-Pandemie. Salincakli teilt Tanlis Einschätzung, wonach die Menschen mit türkischen Wurzeln nicht schlechter informiert seien über das Geschehen als andere Teile der Bevölkerung. „In mediterranen Kulturen spielt das gesellige Zusammensein eine größere Rolle als in Nord- und Mitteleuropa. Darum erkläre ich ständig, dass jetzt nicht die Zeit ist für Treffen und Geselligkeit.“ Wer sich daran nicht halte, müsse halt mit Druck dazu erzogen werden, „egal welcher Abstammung oder Kultur“.