Ostergruß von Bürgermeister Dr. Alexander Berger

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Liebe Ahlenerinnen und Ahlener, seit einem Jahr leben wir in einer aufreibenden Ausnahmesituation. Es zehrt an unseren gereizten Nerven und am sonst doch so ausgeglichenen Gemüt, im Alltag teils erhebliche Einschränkungen ertragen zu müssen. Das Virus trat ungerufen in unser Leben und seitdem ist nichts mehr so wie es vorher war. Das routinierte Leben, wie wir es kannten, hat sich gewandelt.

Ob in der Schule, am Arbeitsplatz, im Freundeskreis oder im engsten Kreis der Familie: Distanz und fehlende Kontakte rauben uns, was wir Menschen so sehr im Leben brauchen. Wir entbehren vertraute Nähe und zwischenmenschliche Wärme. Damit üben wir Rücksicht, um unsere Nächsten vor unsichtbarer Gefahr, Krankheit und langer Bekümmernis zu schützen. Auch in unserer Stadt hat uns die Pandemie geliebte Menschen genommen, deren Tod wir beklagen. Gerade an Ostern, das unter „normalen“ Umständen ein Fest der Familie, der Kinder und der gegenseitigen Besuche wäre, tut uns Distanz schmerzlich weh.

In diese schwer zu fassende Anspannung mischt sich das Unverständnis über Misserfolge und fehlerhaftes Management bei der Impfkampagne, die wir so sehr herbeigesehnt haben und auf der unsere ganzen Hoffnungen liegen. Die Ungeduld lässt den kaum vermeidbaren Zorn manchmal ungerecht sein. Wir vergessen meiner Meinung nach häufig zu schnell, dass niemals zuvor in der Geschichte der Menschheit gegen eine weltumspannende Erkrankung so schnell, und in so großer Vielfalt wirksame Impfstoffe entwickelt worden sind. Was nützen jedoch segensreiche Vakzine, die nicht zügig genug in die Menschen gelangen? Und dazu die täglichen Bilder im Fernsehen, die uns das Bild vermitteln, woanders in der Welt seien die Abläufe scheinbar effektiver und produktiver. Ich kann mich gut hineinversetzen in jene, die das entmutigt und verbittert.

Die Corona-Pandemie stellt uns alle jeden Tag vor neue Herausforderungen, die kurzfristiges Handeln und gegebenenfalls auch Kurswechsel erforderlich machen. Wir sollten uns immer wieder ins Bewusstsein rufen, dass es in einer nie dagewesenen Krise wie dieser weder einfache Antworten noch unumstößliche Gewissheiten gibt. Tatsächlich befinden wir uns in einer sehr dynamischen Phase, in der uns Zweifel begleiten und Wendepunkte oft erst kurzfristig erkennbar werden. Wir sollten uns davor hüten, darin die angebliche Planlosigkeit oder systematische Überforderung verantwortlicher Institutionen erkennen zu wollen. Wären nicht die viel gefährlicheren und sich schneller vermehrenden Virus-Varianten plötzlich aufgetreten, hätte sich die Lage womöglich schon beruhigt und wir würden entspannt das Frühjahr begrüßen.

Nun müssen wir uns weiter zusammenreißen und mit Vernunft und Verstand die kommenden Wochen bewältigen. Die Diskussionen werden nicht enden. Was den einen an Maßnahmen nicht weit genug geht, halten andere für unzumutbar. Selbst die ernüchternde Erkenntnis, dass in Krisenzeiten manche Menschen Notlagen zum eigenen Vorteil ausnutzen, erschüttert meine feste Überzeugung nicht: Die allermeisten Menschen handeln in dieser Zeit nach bestem Wissen und Gewissen, um Schaden zu vermeiden und dem Allgemeinwohl zu dienen: sei es im privaten Umgang, bei der Arbeit oder in Politik und Verwaltung. Und dafür danke ich Ihnen allen!

Noch immer sterben Tag für Tag Hunderte Menschen an einer Covid-19-Infektion. Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier sagte bei einem Empfang für Hinterbliebene der Pandemie: „Hinter jeder einzelnen Zahl steht ein Schicksal, steht ein Mensch, der von uns gegangen ist. Dahinter stehen Menschen, die ihre Liebsten verloren haben, Menschen, die gebangt, gezittert, gekämpft haben, die sich manchmal nicht einmal verabschieden konnten. Dahinter steht unendliche Trauer, unendlicher Schmerz.“

Bisher haben die Menschen meist im Stillen und individuell getrauert, und viele konnten von ihren Liebsten nur im allerkleinsten Kreis Abschied nehmen, mussten nächste Verwandte, auch engste Freunde von der Trauerfeier sogar ausschließen. Am 18. April wird es in Berlin eine Gedenkfeier mit der Staatsspitze und Hinterbliebenen geben. Ich habe mich entschieden, gerne der Bitte unseres Bundespräsidenten zu folgen, an diesem Tag auch an anderen Orten unseres Landes der Verstorbenen zu gedenken.

Ebenfalls am 18. April werde ich eine Gedenkfeier für die in Ahlen zu Opfern der Pandemie gewordenen Frauen und Männern ausrichten. Sie soll den Hinterbliebenen eine Stimme geben, die sogar in ihrer Trauer gezwungen sind, Einschränkungen hinzunehmen. Die Umstände werden keine große öffentliche Feier erlauben. Doch ich bin mir gewiss, dass auch im Internet würdevoll der Verstorbenen gedacht, den Hinterbliebenen Trost und den Erkrankten Aufmunterung zugesprochen werden kann.

Als Zeichen der Hoffnung und des Vertrauens feiern wir in diesen Tagen das Osterfest. Machen wir das Beste aus der Situation: Ich werde Familie, Freunden und guten Bekannten kleine Videonachrichten senden, damit sie wissen, ich denke an sie. Auch den österlichen Spaziergang oder eine Fahrradtour ins Grüne sollten und müssen wir uns erlauben. Natürlich mit Abstand und nicht unbedingt dort, wo es alle hinzieht.

Für Menschen christlichen Glaubens hat an Ostern das Leben den Tod besiegt. Ich wünsche den in unserer Stadt lebenden Einwohnerinnen und Einwohnern aller Kulturen, dass sie aus dieser frohen Botschaft Mut und Zuversicht schöpfen für die kommenden Wochen. Passen Sie gut auf sich und Ihre Mitmenschen auf – Frohe Ostern!

Dr. Alexander Berger
Bürgermeister der Stadt Ahlen

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