Politische Verfolgung im Mittelpunkt der Stolperstein-Verlegung

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Die Opfer politischer Verfolgung stehen im Mittelpunkt der Stolperstein-Verlegung am Dienstag, 28. Januar. Ab 12.00 Uhr werden 16 weitere Gedenksteine in das Ahlener Straßenpflaster eingesetzt. Beginn ist an der Galileistraße 11.

„Hier lebte bis zu seiner Verschleppung ins KZ Esterwegen der frühere KPD-Funktionär Josef Ledwohn“, sagt Manfred Kehr von der Stadt Ahlen. Kehr hat in Archiven die Schicksale von Ahlener NS-Opfern recherchiert, die zwischen 1933 und 1945 von den Nationalsozialisten verfolgt, erniedrigt und häufig ermordet worden waren.

Der Elektromonteur und Schachtbauer Josef Ledwohn verbrachte wegen seiner Beteiligung am antifaschistischen Widerstand mehrere Jahre in Haft. Bis zur Machtübernahme der Nazis organisierte der in Ahlen lebende Ledwohn mit anderen die Arbeit der KPD im Ruhrgebiet. Auch nach Ende der NS-Zeit blieb er politisch aktiv und gehörte zwei Wahlzeiten dem NRW-Landtag an, ehe er 1954 erneut verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt wurde. Nach Haftzeit und Verbot seiner Partei durch das Bundesverfassungsgericht siedelte er nach Ost-Berlin um. Dort verstarb Ledwohn 95-jährig im Jahre 2003.

Die Stolperstein-Verlegung durch den Künstler Gunter Demnig begleiten an der Galileistraße 11 ab 12.00 Uhr stellvertretende Bürgermeisterin Rita Pöppinghaus-Voss sowie Schülerinnen und Schüler, die sich mit der Verfolgung politisch Missliebiger durch das Nazi-Regime auseinandergesetzt haben. Die Bevölkerung ist zur Teilnahme herzlich eingeladen. „Weltweit werden auch heute Menschen wegen ihrer politischen Überzeugungen verfolgt und drangsaliert“, ruft Rita Pöppinghaus-Voss ins Bewusstsein. Das Thema sei ein sehr aktuelles, „zumal auch in Deutschland der Ton der Auseinandersetzung an Schärfe zunimmt.“ 75 Jahre nach dem Ende des Nazi-Schreckens sei es Verpflichtung aller Demokratinnen und Demokraten, für unsere freiheitlichen Werte einzustehen. „Und dazu gehört auch die Erinnerung an diejenigen, denen wegen ihrer Überzeugungen in deutscher Verantwortung die Menschenwürde geraubt worden ist.“ 

Im Anschluss an die Verlegung in der Galileistraße werden bis in den Nachmittag weitere Steine verlegt in der Südstraße, Klosterstraße, Oststraße, Ostbredenstraße, Beckumer Straße und Ludgeristraße. Nach Abschluss der Aktion am Dienstag werden insgesamt 141 Stolpersteine in Ahlen liegen, die überwiegend an jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger, aber auch an Euthanasieopfer sowie politisch und religiös Verfolgte erinnern. Die mit einer Messingabdeckung versehenen Pflastersteine sind mit dem Namen des Opfers, seinem Geburtsjahr, dem Deportationsdatum und –ziel sowie dem Jahr des Todes oder der Flucht versehen.

Eine Patenschaft kann für 120 Euro pro Stein übernommen werden. Auskünfte erteilt bei der Stadt Ahlen Manfred Kehr unter Tel. 02382 59567 (kehrm@stadt.ahlen.de).

Übersicht der neuen Steine mit Inschriften:

Südstr. 8
HIER WOHNTE
ROSA SERVOS
GEB. ROSENBERG
JG. 1876
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 23.1.1943

Klosterstr. 33
HIER WOHNTE
ITZIG POMERANC
JG. 1893
FLUCHT 1933
PALÄSTINA

HIER WOHNTE
CHAJA POMERANC
JG. 1897
FLUCHT 1933
PALÄSTINA

HIER WOHNTE
RIWA POMERANC
JG. 1916
FLUCHT 1933
PALÄSTINA

HIER WOHNTE
SARA POMERANC
JG. 1920
FLUCHT 1933
PALÄSTINA

HIER WOHNTE
ROSA POMERANC
JG. 1924
FLUCHT 1933
PALÄSTINA

HIER WOHNTE
ANNA POMERANC
JG. 1927
FLUCHT 1933
PALÄSTINA

HIER WOHNTE
SIMON POMERANC
JG. 1929
FLUCHT 1933
PALÄSTINA

HIER WOHNTE
FAIGE POMERANC
JG. 1931
FLUCHT 1933
PALÄSTINA

Oststr. 18
HIER WOHNTE
JULIUS ROLLMANN
JG. 1879
FLUCHT 1933
BRASILIEN

„Gartenstr. 5“ (Beckumer Straße)
HIER WOHNTE
MARIA ELISABETH
CARSCH
GEB. OSTERMANN
JG. 1891
MIT HILFE VERSTECKT
ÜBERLEBT

HIER WOHNTE
INGEBORG CARSCH
JG. 1926
DEPORTIERT 1944
THERESIENSTADT
BEFREIT

Ostbredenstr. 41
HIER WOHNTE
INGE JOHANNA
SPIEGEL
GEB. ROTHSCHILD
JG. 1921
DEPORTIERT 1941
LODZ / LITZMANNSTADT
1944 CHELMNO / KULMHOF
ERMORDET 13.7.1944

Ludgeristr. 2
HIER WOHNTE
MARIA BRAST
JG. 1906
EINGEWIESEN 1927
HEILANSTALT GÜTERSLOH
„VERLEGT“ MAI 1942
HEILANSTALT EICKELBORN
ERMORDET 22.5.1942

Galileistr. 11
HIER WOHNTE
JOSEF LEDWOHN
JG 1907
IM WIDERSTAND / KPD
SEIT 1933 MEHRMALS
VERHAFTET
„VORBEREITUNG HOCHVERRAT“
1933 ESTERWEGEN
ASCHENDORFER MOOR
ENTLASSEN MAI 1936

Oststraße 52
HIER WOHNTE
KARL ROSENBERG
JG 1909
IM WIDERSTAND
VERHAFTET 1935
EMSLANDLAGER ESTERWEGEN
FLUCHT 1936 HOLLAND
FRANKREICH
MITGLIED DER RESISTANCE
BEFREIT

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