Rathaus-Lotsinnen im „Check in“

(Kommentare: 0)

Entgegenkommender Service vor dem Rathaus: Die Stadt Ahlen hat wieder geöffnet und Rathaus-Lotsinnen auf dem Vorplatz postiert, die Besuchern zeigen, wo es lang geht. So läuft`s flotter und freundlicher.

Rüberschmeißen? Kein Problem. Eine Rolle gelber Säcke fliegt einem rüstigen Rentner Montagvormittag auf forschen Zuruf entgegen. Auch das ist Bürgerservice. Ansonsten bleibt auf dem Rathausvorplatz alles am Boden. Drei Mensa-Mitarbeiterinnen aus dem städtischen Schulbetrieb haben den „Check in“ übernommen. Stadtsprecher Frank Merschhaus nennt sie beim Namen, den es so noch nicht gab: „Rathaus-Lotsinnen.“

Einfach mal rein ins Rathaus, mit Antrag oder Autokennzeichen durch die Etagen irren und das richtige Büro finden? Ist nicht – auch im Stadium der Wiederöffnung. Wer ins Haus will, muss sich zunächst registrieren lassen. Aber wo? Cordula Liehr und ihre beiden Kolleginnen haben sich vor den Rathaustüren positioniert. Mit Mundschutz, höflichem „Guten Tag, darf ich Ihnen weiterhelfen?“ und zielführender Ansage. Das ist entgegenkommender Bürgerservice, der die meisten Besucher vor den Pavillon navigiert.

Wo sonst Fans von „Storno“ oder Atze Schröder im Vorverkauf Schlange stehen, gibt?s jetzt Termine für den Rathausbesuch. Oder – wer ihn schon hat – die Liste, in die sich jeder einzutragen hat, der auf Bestellung bis zum Sachbearbeiter vordringen möchte.

Cordula Liehr ist ihre Fröhlichkeit selbst hinter der Maske noch anzusehen. Sonst steht sie in der Mensa des Städtischen Gymnasiums. Kocht und gibt die Mahlzeiten aus. Während der Notbetreuung auch dort nur im Notdienst mit drei bis vier Schülern, zuletzt auch mal mit 15. Aber immer mit Minusstunden. Abkommandiert auf das Rathausdeck, gleichen die Rathaus-Losinnen ihr Stundenkonto jetzt wieder aus – und lernen den Verwaltungsapparat nach vorheriger Schnelleinweisung in ganzer Breite kennen. „Ich war mal hier, um meinen Arbeitsvertrag zu unterschreiben“, scherzt Cordula Liehr. Und natürlich auch für die gelben Säcke.

Ina Lepke ist am Vormittag mit ihrer Tochter auf dem Amt. Post abgeben, Säcke mitnehmen und dann noch der Antrag zur Mietunterstützung, der sie in den Bürgerservice führt. Vorab registriert, ist sie nach nur zehn Minuten wieder draußen. Was auch schneller hätte gehen können. Wäre da nicht dieser renitente Herr vor ihr gewesen. „Gut, dass die Damen da waren“, sagt Ina Lepke. Den Service lobt sie als „sehr gut“ und „sympathisch“.

Kurz nach ihr spricht Mirsada Bundavica gegen die Plexiglasscheibe des Pavillons, um zu erfahre, ob sie für den Reisepass ihres Kindes auch den Kleinen mitbringen muss? „Ja, müssen Sie“, antwortet Jana Schütte. Die Stadtbedienstete sitzt sonst – bequemer – im Bürgerservice. Jetzt vergibt sie Termine in dem kleinen Kabuff, dessen Luft vermuten lässt, nicht klimatisiert zu sein. Familie Bundavica will in zwei Wochen nach Kroatien. „Wenn wir denn dürfen“, zeigt sich die junge Mutter noch verunsichert. An der Stadt und dem Pass soll`s nicht scheitern.

Hotline lief heiß

600 Anrufe waren Spitze, die über die Corona-Hotline kurz nach Bekanntgabe des zweiten Lockdowns im Ahlener Rathaus eingingen.

„Richtig zu war gar nicht“, blickt Stadtsprecher Frank Merschhaus auf die zweimonatige Phase, in der die Eingangstüren nicht von selbst aufgingen. Auf Anmeldung habe aber jeder seinen Termin im Rathaus bekommen. Und das seien weit über 1000 gewesen.

„Anfang Juni, als die Reisezeit begann“, so Tom Gramatke, Leiter des Bürgerservice, „ist die Zahl extrem angestiegen“. Wer jetzt einen Termin im Bürgerservice brauche, müsse mit acht Tagen Vorlauf rechnen.

Ruhiger ist es unterdessen um die Corona-Hotline geworden, die mit Beginn des „Lockdown light“ regelrecht heiß lief. Gramatke: „Vergangenen Dienstag hatte ich zwischen 15.55 und 21 Uhr rund 250 Anrufe allein auf meinem Apparat.“ Am Mittwoch waren es 600, am Donnerstag 500, am Freitag 350 und am Wochenende drei. „Der große Einbruch kam, als die Leute gehört haben, dass in Ahlen eine Abstrichstelle eingerichtet wird“, so Gramatke. Womit die meistgestellte Frage beantwortet war: „Wo kann ich mich testen lassen?“ Gefolgt von: „Welche Bestimmungen gelten in meinem Urlaubsort?“ Und: „Wie groß darf meine private Freiheit sein?“ Gemeint: die Zahl der Gäste, die sich um den Gartengrill gesellen dürfen.

Tom Gramatke, Leiter des Bürgerservice, nennt die Faustregel: „Zum Bürgerservice dürfen diejenigen durchgehen, die einen Termin haben oder wünschen oder in einer unaufschiebbaren Angelegenheit kommen.“ Stichwort: Reisepass. „Das gilt aber nicht für den gelben Sack.“ Und den gibt`s draußen – auch auf Zuruf.

Stadtsprecher Frank Merschhaus rückt den Service-Charakter in den Fokus: „Es läuft wesentlich flüssiger und entspannter.“

(Artikel und Fotos: Ulrich Gösmann, Ahlener Zeitung)

Zurück