Stadt sagt dem Eichenprozessionsspinner den Kampf an

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Als sei die Corona-Plage nicht schon genug: Pünktlich zum Frühjahr hat sich mit dem Eichenprozessionsspinner ein alter Bekannter in Ahlen eingenistet, der nun schon im dritten Jahr die Gemüter erhitzt. Derzeit treten überall im Münsterland die ersten Gespinste auf, um die herum man möglichst einen großen Bogen machen sollte.

Doch weil Vorsicht allein nichts gegen sein Vorkommen ausrichtet, haben die Ahlener Umweltbetriebe mit der systematischen Bekämpfung begonnen. Bürgermeister Dr. Alexander Berger stellte jetzt das Team vor, für das der Rat der Stadt Ahlen im letzten Jahr die personellen Voraussetzungen geschaffen hatte. „Der Spinner hat sich erfolgreich in unserer heimischen Fauna eingenistet, da hilft nur, ständig am Ball zu bleiben“, sagt Berger und findet es gut und richtig, dass sich bei den Umweltbetrieben eine Mannschaft konzentriert um das saisonal auftretende Phänomen kümmert. Zwar werde man die aus Fernost eingeschleppte Motte, die in einem speziellen Raupenstadium giftige Brennhärchen trägt, nie vollständig bekämpfen können. „Wir machen es ihr aber so schwer wie möglich, damit Kinder sicher spielen und Passanten gefahrlos Fuß- und Radwege nutzen können.“

Jakob Klassen und Markus Harbaum heißen die beiden neuen städtischen Mitarbeiter, die ausgestattet mit Hubwagen, Absaugvorrichtungen und spezieller Schutzausrüstung nach Gespinsten in städtischen Bäumen Ausschau halten und auf Hinweise aus der Bevölkerung reagieren. Vorrangig Spielplätze, Schulhöfe und Kitas haben sie dabei im Blick. In kleinen Päckchen hängend treten die Raupen derzeit zu Tage oder vollziehen auf Stämmen die berüchtigten Prozessionen, die den Tieren ihren Namen gaben. Im Einsatz sieht man das Team seltener in seiner orangefarbenen Kluft. „Dann tragen wir luftdichte Schutzbekleidung, damit keine Härchen an Augen, Atemwege und Haut kommen“, so Jakob Klassen. Wasser und Haarspray seien die wichtigsten Hilfsmittel, beschreibt Kollege Markus Harbaum, wie die Profis vorgehen. „Damit eingesprüht, verklumpen die Nester und man kann sie vollständig absaugen.“ Die mit den getöteten Raupen befüllten Abfallbeutel werden am Ende der Prozedur dicht verschlossen und frei von Rückständen entsorgt. Was jeder Schädlingsbekämpfer beherzigt: Große Umsicht und sorgfältiges Vorgehen sind unabdingbare Begleiter in jeder Phase der Raupenbekämpfung.

Worauf die Stadt dabei komplett verzichtet, ist der Einsatz von chemischen Bioziden. „Sie töten alles ohne Unterschied, ob Nützlinge oder Schädlinge“, erklärt Umweltbetriebsleiter Bernd Döding. Zudem sei der Umgang mit ihnen extrem anspruchsvoll. „Es muss windstill sein, die Temperaturen dürfen weder zu kalt noch zu warm sein, danach darf es mehrere Tage lang keinen Regen geben.“ Ahlen greift auf Umweltgifte übrigens schon seit 35 Jahren nicht mehr zurück und war damit Mitte der Achtzigerjahre eine Vorreiterin in Sachen Stadtökologie. „Was früher als störendes Unkraut bezeichnet wurde, ist für uns heute wertvoller Lebensraum für Kleinstlebewesen“, ist Döding glücklich über den Sinneswandel, der sich vollzogen habe.

Soweit die Corona-Lage es zuließ, haben die Umweltbetriebe die letzten Wochen und Tage genutzt, um sich zu orientieren. Behilflich waren dabei die Befallpläne der letzten Jahre. „In vierstelliger Zahl kennen wir Eichenstandorte, an denen sich das Problem zeigen kann“, sagt Michael Göttfert, Gruppenleiter im Ordnungsamt. Im besten Fall werden diese regelmäßig auf einer Kontrollrunde abgefahren. Dass dabei jedoch jede Ansammlung entdeckt wird, sei praktisch unmöglich, fügt Einsatzleiter Ralf Nürnberger hinzu: „Was vom privaten Grundstück aus sichtbar ist, verschließt sich manchmal dem Blick von der Straße aus.“ Die Stadt sei deswegen angewiesen auf Hinweise der Bürgerinnen und Bürger. Unterstützung durch private Schädlingsbekämpfer werde man dort in Anspruch nehmen, wo geballte Vorkommen auftreten. „Etwa entlang einer Allee im Außenbereich. Die würde uns sonst zu lange binden, und wir könnten nicht mehr unverzüglich auf Meldungen über Befall an publikumsintensiven Orten regieren.“       

Erste Anrufe über Bäume, die vom Eichenprozessionsspinner befallen sind, gehen dieser Tage bei der Stadt ein. Sollten verdächtige Raupennester auf öffentlichen Flächen auftreten, nimmt das Ordnungsamt der Stadt Ahlen Hinweise entgegen. Ansprechpartner ist Michael Göttfert unter Tel. 02382 59288. Hinweis können auch per Mail gegeben werden unter der Adresse ordnungswesen@stadt.ahlen.de oder über die Kümmerer-Funktion in der Ahlen App.

Hintergrund:
Juckreiz, Entzündungen und schlimmstenfalls sogar allergische Schocks können auftreten, wenn man mit den Härchen der Raupen in Berührung kommt. Wichtig ist zu unterscheiden: Der Eichenprozessionsspinner darf nicht mit der harmlosen Gespinstmotte verwechselt werden, die weitaus häufiger in Ahlen vorkommt, für Mensch und Tier aber ungefährlich ist. Die Eichenprozessionsspinner befallen mit Raupen und Nestern ausschließlich Eichen. Befinden sich Raupen oder Gespinste auf anderen Bäumen oder Pflanzen, dann kann es kein Eichenprozessionsspinner sein.

Im Stadtgebiet kommen Eichen relativ selten vor. Auch auf den Grundstücken der Ahlener Kitas und Schulen sind sie eher nicht verbreitet. Die Bäume leiden - anders als vom Züngsler befallene Buchsbäume – im Übrigen nicht unter ihren „Gästen“. Sie treiben immer wieder aus, auch wenn das Blattwerk angefressen worden ist.

Was zu beachten ist:
Wenn ein Nest gesehen oder vermutet wird: Bereiche unterhalb der Baumkronen meiden. Beseitigt werden sollten sie unbedingt durch eine Fachfirma (Baumpfleger, Schädlingsbekämpfer).

Das in den Härchen enthaltene Nesselgift kann allergische Reaktionen auslösen. Die Folge können sehr unangenehme Hautreaktionen sein mit punktuellen Rötungen, Juckreiz und Brennen, was bis zu 14 Tage anhalten kann, in seltenen Fällen asthmaähnliche Beschwerden.

Bei möglichem Kontakt mit den Brennhaaren: Kleidung, Schuhe etc. ausziehen und nicht in den Wohnbereich bringen, Kleidung möglichst bei 60 Grad waschen, kalt duschen und die Haare waschen, Augen mit lauwarmen Wasser, Mund mit kaltem Wasser reichlich spülen.

Im Zweifelsfall den Hausarzt aufsuchen, bei Schock-Symptomen den Notarzt verständigen.

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