Stand das erste Rathaus vor der Marienkirche?

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Foto: Vor historischer Seilscheibe am Rathausvorplatz: (v.l.) Bernd Schulze Beerhorst, Heinrich Kemper, Theo Kerkmann, Udo Wagener, Willi Wienker, Christa Bücker, Dr. Alexander Berger, Praktikantin der Unteren Denkmalbehörde Stefanie Klient, Nicole Witt
Künftig einmal im Jahr wollen sich die Heimat- und Brauchtumsvereine sowie die Stadt Ahlen zusammensetzen, um laufende Aktivitäten und anstehende Projekte zu besprechen. Darauf haben sich jetzt Vereinsvertreter mit Bürgermeister Dr. Alexander Berger auf dem ersten Treffen verständigt, zu dem der Verwaltungschef ins Rathaus eingeladen hatte.

„Was treibt Sie um?“ bat er die Aktiven um Bericht aus ihrer ehrenamtlichen Arbeit, die sich um die Heimatpflege, den Denkmalschutz und die Bewahrung von Kulturgütern dreht. Mit am Tisch saßen Ahlens ehrenamtlicher Denkmalschutzbeauftragter Bernd Schulze Beerhorst sowie Kulturfachbereichsleiter Christoph Wessels und die hauptamtliche Denkmalpflegerin Nicole Wittkemper-Peilert.

Auf keinen Widerspruch stieß im Kreise der Brauchtumspfleger Bergers Einschätzung, wie schwierig der Erhalt historisch wertvoller Gebäude sei. Trotz aller Hürden sei es jedoch für das Gedächtnis der Stadt lohnenswert, die Interessen der Eigentümer und des Denkmalschutzes übereinzubringen. „Viele ansehnliche Beispiele geben davon Zeugnis“, dankte der Bürgermeister allen Bauherren und Liebhabern, die sich alter Bausubstanz annehmen und unter erheblichem finanziellen und ideellen Aufwand restaurierten. Maßnahmen könnten beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen öffentlich gefördert werden. Auch stehe die Stadt als Untere Denkmalbehörde mit fachlichem Rat zur Seite. Einen überwiegend wenig beachteten Aspekt möchte Schulze Beerhorst stärker in den Fokus öffentlicher Aufmerksamkeit rücken: „Die Trauerkultur ist mir ans Herz gewachsen“, wünscht sich der Ehrenamtler mehr Bedacht im Umgang mit alten Familiengruften. Größere Beachtung dürfte seiner Meinung nach auch der Bewahrung der Ehrengräber für Bürgermeister auf dem Westfriedhof geschenkt werden.

Viel Erfahrung im Umgang mit alten Häuser hat der Dolberger Heimatverein gesammelt. 1996 übernahm er in Erbpacht das Heimathaus von der Stadt Ahlen, sanierte es und nahm es in Nutzung. „Wir sind jetzt dabei, uns das Obergeschoss vorzunehmen“, berichtete Vorsitzender Theo Kerkmann von aktuellen Überlegungen. Auf der Wunschliste stehen ferner Infotafeln an der Lambertikirche. Ins Auge gefallen ist den Dolberger Heimatfreunden ein Fries an der östlichen Kirchenwand. „Schon auf der ältesten Aufnahme von 1895 ist nicht mehr richtig zu erkennen, wie es mal ursprünglich ausgesehen haben kann“, will Kerkmann nun im Diözesanmuseum Münster weitere Nachforschungen anstellen. Nicole Wittkemper–Peilert bot ihrerseits an, über städtische Kontakte zum Landesdenkmalamt mehr herauszufinden.

 

Wibbelt-Route in Vorhelm

Über ein volles Arbeitsprogramm verfügt auch der mehr als 200 Mitglieder zählende Heimatverein in Vorhelm. „Am 1. Oktober ist der Strontianitbergbau seit 125 Jahren in Vorhelm vorbei, daran wollen wir erinnern“, nannte Vorsitzender Willi Wienker ein nahes Datum. Der Verein errichtet aus diesem Anlass ein Strontianit-Denkmal, das an die kurze, aber intensive Bergbaugeschichte Vorhelms die Erinnerung wachhalten soll. Schon zwei Wochen früher wird am 17. September der neu gestaltete Platz vor dem Ehrenmal gefeiert. In Regie des Schützenvereines und unter Mithilfe der Stadt Ahlen ist der Platz nun auch bei Regenwetter dank Pflasterung zu betreten. Die Zusammenarbeit mit den Umweltbetrieben sei „sehr gut gelaufen, das will ich positiv hervorheben“, so Wienker. Sorgen bereiten ihm hingegen Leerstände historischer Gebäude im Umfeld der Pankratiuskirche. Was das Andenken an Vorhelms berühmtesten Sohn, Heimatdichter Augustin Wibbelt, betrifft, sieht der Bürgermeister Handlungsbedarf. „Schon jetzt kommen ohne touristische Anstrengungen Besuchergruppen, um auf Wibbelts Spuren zu wandeln“, ließ sich Berger berichten. Anzuschieben sei etwa eine „Wibbelt-Route“ für Radfahrer, die dadurch noch zielgenauer die verschiedenen Wibbelt-Punkte im Ortsteil ansteuern könnten. Auf diese Weise würde auch dem nicht nur bei Bernd Schulze Beerhorst verbreiteten Eindruck entgegengewirkt, der „das Erbe Wibbelts unterbewertet“ findet.

 

War Heitmann`sches Haus das erste Rathaus?

Generell mehr Schilder im öffentlichen Raum, die über Eckdaten und Fakten zur Ahlener Stadtgeschichte aufklären, sind der Wunsch von Heinrich Kemper und Udo Wagener vom Heimatförderkreis, der im letzten Jahr das 40-jährige Jubiläum begehen konnte. Ins Visier der Ahlener Heimatforscher geraten ist das frühere Heitmann`sche Haus, dessen Grundriss heute von der gemauerten Einfassung auf dem Marienplatz abgebildet wird. Ende der 1960er-Jahre fiel das Gebäude dem Straßenausbau in der Innenstadt zum Opfer. „Das Haus ist noch gar nicht erforscht“, hat Wagener die Quellenlage gesichtet. Fest stehe, dass es immer herrschaftlich gewesen sei. „Vielleicht war es ja das erste Rathaus, denn dessen Standort ist noch immer unbekannt“, spekuliert der zweite Vorsitzende des Heimatförderkreises. Nicole Wittkemper-Peilert ist in dieser Bewertung vorsichtig. Die Stadtentwicklung sei vom Bartholomäus-Kirchring und dem östlich anschließenden Markt ausgegangen. „Rathäuser wurden bewusst in die nahe Umgebung der Kirche als weltliches Pendant gesetzt“, klärt sie auf. Das Heitmann`sche Haus stammte offensichtlich aus dem Barock. „Zu dieser Zeit existierte aber schon das Vorgängerrathaus auf dem Grundstück des heutigen Alten Rathauses.“ Wenn man auch mit größter Wahrscheinlichkeit ausschließen könne, dass es sich um ein früheres Rathaus handelte, so ist die Denkmalpflegerin dennoch daran interessiert, mehr über seine Geschichte zu erfahren.

Mit einem „Weiter geht`s“ wandte sich Fachbereichsleiter Christoph Wessels an beide Herren des Heimatförderkreises sowie an die Vorsitzende vom SGV-Heimatverein, Christa Bücker. Die Zusatzlegenden an den Straßenschildern seien ein Selbstläufer geworden, auch dank der Patenschaften, die aus beiden Vereinen übernommen worden seien. Noch sei eine Menge zu tun, so Wessels: „Manche rufen danach, erläutert zu werden, etwa die Twieluchtstraße in Dolberg“. Bürgermeister Berger hörte in vielen Gesprächen, wie sehr die Schilder der Identifikation von Anwohnern und Bürgern dienten. Die Fülle an Themen, die im ersten Treffen auf den Tisch gekommen waren, verlange laut Berger nach einer Fortsetzung der Runde. Voraussichtlich Anfang 2017 wolle man sie fortführen, dann auch gerne unter Beteiligung der Ahlener Kirchen.

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