Viele entdecken plötzlich ihre Rathausliebe
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Die Herren am Podium hatten am Montagabend im Ratssaal bei der offenen Sitzung, zu der die CDU-Ratsfraktion eingeladen hatte, einen ausgesprochen schweren Stand. Auf Bürgermeister Benedikt Ruhmöller, Stadtbaurat Andreas Mentz und Kämmereileiter Dirk Schlebes prasselte die Kritik an dem vorgesehen Umzug des Rathauses nieder, wobei sich der Fraktionsvorsitzende Ralf Kiowsky als Moderator etwas aus der Schusslinie nahm.
Für seine Bemerkung, bei dem Angebot der Arbeitsagentur handele es sich um einen „Glücksfall“, fing sich Benedikt Ruhmöller eine verbale Ohrfeige von Hans Schoppmeyer ein. Und der erwartete eine Entschuldigung des Bürgermeisters für den schlechten Zustand des Rathauses.
Altbürgermeister Herbert Faust legte nach und erinnerte daran, dass die Entscheidung für den Bau des Rathauses an der Werse die Initialzündung für einen Stadtumbau dieses Quartiers im großen Maßstab gewesen sei, was zugleich auch eine Reihe von privaten Investitionen ausgelöst habe. „Wir haben damals Mut gehabt“, sagte Faust weiter und erklärte: „Das Rathaus muss an dieser Stelle bestehen bleiben.“ Es gehöre in die Mitte der Stadt.
In seiner Replik bekundete Mentz seinen hohen Respekt vor der damaligen Entscheidung, die zugleich Ausdruck eines gestärkten Selbstbewusstseins der Bürger gewesen und mit dem Rathaus bewusst in Konkurrenz mit den Kirchen und deren Türme getreten sei. Der Stadtbaurat warnte allerdings vor der Annahme, eine Kernsanierung des Rathauses lasse sich im laufenden Betrieb durchführen. Faust hatte dazu ausgeführt, dass es genüge, die vier roten Feuertüren im Haus zu schließen.
Das werde schon auf Grund des kaum vorhandenen Schallschutzes nicht reichen, entgegnete Mentz, abgesehen von den weiteren zu erwartenden Belastungen. Den deutlichen höheren finanziellen Aufwand gegenüber der Umzugslösung begründete Mentz auch mit der vom Rat eingegangenen Selbstverpflichtung, eine energetische Sanierung nach dem neueste Stand der Technik durchzuführen. Für die vorübergehende Unterbringung komme nur die Aufstellung eines Containerdorfes in Frage. Damit erteilte der Stadtbaurat auch unter Hinweis auf die aufwendige EDV allen anderen Vorschlägen eine Absage, die Verwaltung vorübergehend in leerstehenden städtischen Liegenschaften oder in den nicht mehr von der Arbeitsagentur benötigen Räumen unterzubringen. Im Übrigen werde Letztgenannte nach einem ablehnenden Votum des Rates selbst umgehend an die Vermietung des Leerstandes gehen.
Vehement plädierte auch Günter Möllers für eine Sanierung des bestehenden Rathauses. Der langjährige CDU-Ratsherr wies darauf hin, dass er schon in den 1980er Jahren darauf hingewiesen habe, dass das Wasser an der Fassade nicht abgeführt werde und sich deshalb einen Weg nach innen suche. Seine Appelle seien vom damaligen Stadtbaurat Franz Budnik allerdings ignoriert worden.
Auch Franz Tripp, früherer Geschäftsführer der Firma Reflex, sprach sich gegen einen Umzug aus und führte aus, dass es heute viele Möglichkeiten gebe, ein solches Haus zu sanieren. Lediglich Andreas Große Wächter machte sich nicht zuletzt aus finanziellen Erwägungen für einen Umzug stark. Auch den Mitarbeitern des Rathauses sei aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten, in diesem Haus weiter zu arbeiten. Darüber hinaus sei auch die Arbeitsagentur zentral gelegen.
„Wir sollten alles dafür tun, dass meine Partei nicht zur Abbruchpartei in Ahlen wird“, wünschte sich Franz-Josef Höppner, der die Überlegungen, im Rathaus ein Hotel und Komfortwohnungen anzusiedeln, wie viele andere auch skeptisch beurteilte.
Ein privater Investor könne anders rechnen, hielt Mentz dem entgegen. „So viele Menschen können nicht irren“, meinte der stellvertretende Landrat Franz-Josef Buschkamp, dem am neuen Standort ein Ratssaal sowie die Stadthalle fehlte.
Autor Dierk Hartleb