Was erinnern soll, muss sichtbar bleiben

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Von Patina gereinigt haben sieben Frauen vom Internationalen Frauenfrühstück (IFF) in Ahlen verlegte Stolpersteine. Begleitet worden sind sie von Manfred Kehr. Der städtische Mitarbeiter hatte vor gut einem Jahrzehnt damit begonnen, in Archiven die Schicksale Ahlener NS-Opfer zu recherchieren.

Beim vorhergehenden Treffen in der Familienbildungsstätte berichtete Kehr den Teilnehmerinnen der Reinigungsaktion von seinen dabei gewonnenen Erkenntnissen. „Dass Stolpersteine dem Gedenken ermordeter Juden dienen, war den Frauen bekannt. Neu war es für sie jedoch, dass auch politisch Verfolgte und psychisch Erkrankte Stolpersteine erhalten“, sagte IFF-Organisatorin Sabine Knauer.

So gedenken die Stolpersteine in der Klosterstraße 33 und 20 Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung der Euthanasie zum Opfer fielen. Die vor dem Haus Nummer 13 verlegten sieben Stolpersteine erinnern an die Verschleppung von Mitgliedern der Familie Moszkowicz. Neben Vater Benjamin, dem rechtzeitig die Flucht nach Argentinien gelang, um seine Familie nachzuholen, überlebte nur Ahlens späterer Ehrenbürger Imo die Verfolgung. Auf jedem Stolperstein befindet sich eine Messingplatte mit den eingravierten biografischen Daten der verfolgten oder getöteten Menschen, die in diesen Häusern gelebt haben.

Die Aktion der Frauen war überfällig: Mittlerweile waren Namen und Daten auf den Messingplatten in der Klosterstraße fast unlesbar. „Sie waren angelaufen, zeichneten sich kaum noch vom Grau des Gehwegs ab“, so Knauer. Mit Wasser, Schwamm und in jedem Haushalt vorhandenen einfachen Mitteln schrubbten die Frauen vom IFF die kleinen Platten so lange, bis sie wieder als Stolpersteine zu erkennen waren und gaben ihnen so ihren Glanz zurück. Sabine Knauer: „Jetzt können sie wieder ihrer Funktion als Denkanstoß nachkommen und das Vergessen stoppen.“

Weltweit bilden inzwischen mehr als 75.000 Stolpersteine das größte dezentralisierte Mahnmal der Welt. „Das funktioniert aber nur, wenn sie auch sichtbar bleiben“, betont Manfred Kehr. Nur was gesehen wird, werde beachtet. Als Zeichen gegen Antisemitismus, als Zeichen gegen Rassismus, als Zeichen für eine gelebte, wertgeschätzte Vielfalt will das IFF auf Dauer die Stolpersteine in der Klosterstraße unter seine Obhut stellen. In Ahlen sind derzeit 142 Steine verlegt. „Putzpatenschaften“ vermittelt Manfred Kehr gern. „Der Aufwand ist gering, zweimal jährlich circa zwei Minuten pro Stolperstein.“

Kontakt: Manfred Kehr, Tel. 02382 59567, (kehrm@stadt.ahlen.de).

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