Wenn der Druck zu viel wird: Ulrike Gerhards ist Soziale Ansprechpartnerin im Rathaus

(Kommentare: 0)

Foto: Blumen zum Start: (v.l.) Klaudia Froede und Dr. Alexander Berger sicherten Ulrike Gerhards die volle Unterstützung für ihre wichtige Aufgabe zu. Zugleich dankten sie Klaus Marquardt und Peter Hermes (fehlt auf dem Bild) für ihre Pionierarbeit im
Als „Soziale Ansprechpartnerin“ für die Beschäftigten der Stadtverwaltung hat Bürgermeister Dr. Alexander Berger jetzt Ulrike Gerhards vorgestellt. Sie führt in der neuen Funktion die Aufgabe des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) fort, das bislang von ihrem Vorgänger Klaus Marquardt betreut wurde.

Marquardt wurde im Frühsommer nach der  letzten Personalratswahl freigestelltes Personalratsmitglied und schied deswegen als BEM-Manager aus. Zusätzlich übernimmt Gerhards als Soziale Ansprechpartnerin die Angelegenheiten der betrieblichen Suchtkrankenhilfe. Mit seiner Einführung Anfang der 1990er-Jahre lag dieser Bereich in den Händen von Peter Hermes, der in zwei Jahren in den Ruhestand treten wird. „Sie dürfen auf unsere volle Unterstützung bauen, wenn Sie sich für das Wohl der uns anvertrauten Beschäftigten verwenden“, gaben Bürgermeister und Personalleiterin Klaudia Froede der Ansprechpartnerin Rückenwind für ihre sensible Aufgabe.

Ulrike Gerhards ist seit 15 Jahren bei der Stadt Ahlen im Fachbereich für Jugend- und Soziales beschäftigt. Die Funktion als Soziale Ansprechpartnerin bekleidet sie mit der Hälfte ihrer wöchentlichen Arbeitszeit. Die andere Hälfte koordiniert die Diplom-Sozialpädagogin das Kooperationsprojekt „Jugend stärken in Ahlen – Gemeinsam stark vor Ort“ im Rahmen der Jugendsozialarbeit. Ihr Ziel ist es, die erfolgreiche Arbeit beider Vorgänger fortzusetzen und zusammen mit der Personalabteilung ein integriertes Gesundheitsmanagement bei der Stadtverwaltung aufzubauen. Mit Einführung des BEM vor drei Jahren seien die Krankheitszahlen der städtischen Beschäftigten „signifikant“ gesunken, sagte Klaus Marquardt bei der Amtsübergabe.

Zunehmende Aufgaben bei stagnierender bis tendenziell abnehmender Personaldecke ließen laut früherem BEM-Manager in der Mitarbeiterschaft „kein Land mehr sehen vor lauter Arbeit.“ Hinzu komme ein sich verstärkender „rauer Umgangston“ mancher Bürgerinnen und Bürger. Bis hin zur offenen Pöbelei und Bedrohung reichten die steigenden seelischen Belastungen, die sich in vielerlei Krankheitsbildern manifestierten. „Viele Kolleginnen und Kollegen wollen dann einfach nur mal einen Rat oder etwas loswerden, oft auch aus dem privaten Umfeld“, stellte Marquardt immer wieder in vertraulichen, der Schweigepflicht unterliegenden Gesprächen fest. Durch Zuhören könne man enorm viel abfedern, ohne dass jemand zum Krankenschein zu greifen braucht. „Die Menschen, die zu mir kamen, wussten gar nicht, dass sie die Lösung ihrer Probleme meistens dabei hatten.“ Der „Garant für den Erfolg“, so Marquardt, sei fast immer das aufmerksame Hinhören.   

In nahezu allen Fällen habe er mit der Personalverwaltung Auswege für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefunden. „Das setzt gegenseitiges Vertrauen und Respekt voraus“, was - im Gegensatz zu manch anderen Kommunen -  bei der Stadt Ahlen nie ein Problem gewesen sei. „Wir sind jetzt auf einer korrigierenden Ebene, in einem nächsten Schritt müssen wir ein präventiv wirkendes System schaffen“, will Marquardt auch von seiner neuen Position aus Ulrike Gerhards Absichten zur Einführung eines Gesundheitsmanagements unterstützen. Die Personalabteilung hatte dazu schon im Frühjahr eine Umfrage unter den Beschäftigten durchgeführt, um mehr über Wünsche und Sorgen des städtischen Personals zu erfahren.

„Vertrauen und Verschwiegenheit“ seien auch in der Suchthilfe das A&O, so Peter Hermes. Zu Beginn seiner Tätigkeit habe er dicke Bretter bohren müssen. „Sucht war ein Fremdwort“, erinnert er sich an die mühsamen Anfänge Ende der 1980er-Jahre, als der Landschaftsverband erste Ausbildungen zum Suchtkrankenhelfer anbot. Bis zu 12 Prozent der Belegschaft eines jeden Betriebs gilt als alkoholgefährdet. Als sich die Fälle auch in der Stadtverwaltung unübersehbar häuften, habe die Behördenleitung entschieden: „Wir müssen etwas tun!“

Die Fähigkeit zur Empathie sei eine wesentliche Voraussetzung, um mit Suchtkranken zu arbeiten. „Andererseits muss man offen und bereit sein, an sich selbst zu arbeiten, sonst kann man keine Einsichten vermitteln“, hat Peter Hermes sich auch intensiv mit sich selbst auseinandersetzen müssen. Es sei ein langer Weg gewesen, bis Hermes das notwendige Vertrauen in der Verwaltung erworben hatte. „Die Leute haben erst geglaubt, ich sei der Sheriff, der durch die Gänge geht und auffällig gewordene Kollegen anspricht“. Genau dies habe er nie getan. Wer Hilfe benötige, der müsse von sich aus auf den Suchtkrankenhelfer zugehen. Ohne Einsicht seien jedoch jegliche Hilfsangebote zwecklos: „Die Betroffenen haben eine Mitwirkungspflicht, sie müssen den Therapieerfolg wollen.“ Der Arbeitgeber habe auch an die anderen Kollegen zu denken, wenn Unterstützungen ausgeschlagen würden, falsche Rücksicht sei dann fehl am Platze. „Wenn die rote Linie überschritten ist, muss man sich auch von Beschäftigten trennen“, lässt Peter Hermes keinen Zweifel.

Zurück