Zwischen Pandemiefolgen und Energiepreiskrise – Verbraucherschützer legen Jahresbericht 2021 vor
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„Verlässlich und direkt für alle Menschen ansprechbar zu sein, das war auch im zweiten Corona-Jahr die Herausforderung zwischen Lockdown-Phasen und sich laufend verändernden Rahmenbedingungen für Geimpfte, Genesene und Getestete. Darauf haben wir flexibel reagiert, die im ersten Pandemiejahr entwickelten digitalen Zugangskanäle genutzt und unsere Onlineangebote ausgeweitet“, sagte Judith Spittler, Leiterin der Beratungsstelle im Kreis Warendorf, bei der Vorstellung des Jahresberichts 2021, den sie gemeinsam mit der Sozialdezernentin der Stadt Ahlen, Stephanie Kosbab, vorlegte. „Die Verbraucherzentrale hat für die Menschen vor Ort eine extreme Sensorfunktion“, meint Kosbab, die über die Beratungsstelle in der ersten Etage des Ahlener Rathauses glücklich ist. Das Team um Judith Spittler setze sich nicht bloß für „verletzliche Verbraucher“ ein, es sei mit der Energieberatung auch kompetenter Partner in Fragen von Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
„Je nach Komplexität des Anliegens war es für uns aber auch besonders wichtig, die Ratsuchenden Juni 2021 wieder in unseren Räumen im Ahlener Rathaus und im Warendorfer Jobcenter, persönlich empfangen zu können“, so Spittler. Die Kennziffern zeigen, dass die Verbraucherzentrale auch 2021 eine stark gefragte Anlaufstelle für die Menschen im Kreis Warendorf war: Bei 1118 Rechtsberatungen und -vertretungen haben sich die Verbraucherschützerinnen 2021 zumeist erfolgreich für die berechtigten Ansprüche von Ratsuchenden eingesetzt. In der allgemeinen Verbraucherberatung erhielten 17 Prozent der Nachfragenden diese aufgrund von niedrigen Einkommen entgeltfrei. Rechtliche Ersteinschätzung erteilt die Verbraucherzentrale NRW in diesem Themengebiet generell kostenfrei. „Vielen Dank für die Hilfe, ohne Sie hätten wir bezahlen müssen,“ bedankte sich ein Ehepaar, das eine Inkassoforderung über 1000 Euro für falsche Mobilfunkverträge bekommen hatte. Trotz eigener, mehrfacher Reklamation vor Ort im Mobilfunkshop konnte erst durch die Rechtsvertretung der Verbraucherzentrale die Einstellung des Inkassoverfahrens erreicht werden.
Abzocke per SMS, E-Mail oder in sozialen Medien
Gefälschte Nachrichten vom Zoll mit Gebührenforderungen, massenhaft verschickte SMS von angeblich Paketdiensten, die ahnungslose Nutzer zum Beispiel in Abo-Fallen lockten, oder Kettenbriefe in sozialen Netzwerken und Messengern, die zum Datenklau führten: Die digitale Welt nutzten auch 2021 wieder zahlreiche Kriminelle, um die verschiedenen Kommunikationskanäle geschickt für ihre betrügerischen Aktivitäten einzusetzen. Zum generellen Schutz vor Cyberkriminalität klärte die Beratungsstelle im Rahmen der Aktion „Mach Dein Passwort stark!“ gemeinsam mit der Kreispolizeibehörde Warendorf an Infoständen auf den Wochenmärkten in Beckum, Ennigerloh und Oelde über sichere Passwörter als Schlüssel gegen Datenklau und -missbrauch auf.
Reisen auch im zweiten Pandemiejahr oft herausfordernd
Wer verreist, will etwas erleben oder sich entspannen. Virusvarianten, Reisewarnungen, zunächst knapper Impfstoff und wechselnde Quarantäneregeln machten die Reiseplanung jedoch auch 2021 teilweise stressig. Zum Weltverbrauchertag am 15. März hat die Beratungsstelle im Ahlener Rathaus unter dem Motto „Urlaubspläne trotz Corona: Vorausschauend buchen, Ärger vermeiden“ zusammengestellt, was Pauschal- und Individualreisende zum Beispiel über Stornoregeln, Flex-Tarife und Pandemieklauseln wissen sollten. „Zugleich haben sich wegen Problemen bei der Erstattung abgesagter Reisen weiterhin viele Ratsuchende an uns gewendet“, erklärte Judith Spittler.
Fake-Inkasso und Offensive an der Haustür
Ob wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen oder vermeintlich abgeschlossener Glücksspiel-Abos: Unter verschiedenen Vorwänden forderten Inkassounternehmen von den Menschen im Kreis Warendorf Zahlungen und drohten mit Zwangsvollstreckungen oder Schufa-Einträgen.
Gekündigte Strom- und Gasverträge und hohe Energiepreise
Dass mehrere Strom- und Gasanbieter trotz vertraglicher Vereinbarung die Versorgung ihrer Kundschaft einstellten, brachte im Herbst viele Haushalte in Bedrängnis. Betroffene rutschten in die Grundversorgung und hatten Mühe, einen neuen bezahlbaren Vertrag zu bekommen. „Hier gab es viel Unsicherheit und Sorge“, so Daniela Kreickmann. So lagen die Preise für die „Neukundinnen und Neukunden“ in der Grundversorgung teilweise beim doppelt bis dreifachen der Bestandskundschaft. Und bis heute ist die Nachfrage aufgrund der generell gestiegenen Preise für Strom, Gas und Öl sehr hoch, worauf die Verbraucherzentrale NRW auch mit zusätzlichen Informationen im Internet und Online-Seminarangeboten reagiert.
Beratung zum Bankrecht stark gefragt
Eine hohe Nachfrage gab es auch zu Finanzthemen: Kündigungen von einst attraktiven Prämien- und Bausparverträgen vor allem von Sparkassen führten zu erheblichem Beratungsbedarf. Kunden wollten die Rechtmäßigkeit der Kündigungen einschätzen lassen und nahmen dazu die anwaltliche Beratung zu Bank- und Kapitalmarktrecht der Verbraucherzentrale in Anspruch. Daneben ging es bei den Prämiensparverträgen um die Überprüfung der ursprünglich gut verzinsten Alt-Verträge und deren „Innenleben“ – beispielsweise um die Wirksamkeit von Zinsanpassungsklauseln, das Bestehen möglicher Nachforderungsansprüche bei Kündigungen oder auch um die Methode der Zinsberechnung.
Umweltfreundliche Technologien helfen Klima und Geldbeutel
Wie viel Öl verheizt eigentlich ein durchschnittlicher Haushalt jährlich? Dies hat die Energieberatung Ahlen im Rahmen einer Aktion mit einem beeindruckenden Stapel von zehn Ölfässern verdeutlicht. Durch die CO2- Bepreisung und die neuen Förderprogramme war es für Hauseigentümer noch attraktiver, sich nach Alternativen für alte Öl- oder Gasheizungen umzuschauen. Die Nachfrage nach umweltfreundlicher Heiztechnologien wie Wärmepumpen, Pelletheizungen und Hybridanlagen war so hoch, dass das Telefon von Energieberater Hubertus Pieper nicht mehr stillstand. Das zweite große Thema war der Bau der eigenen Photovoltaikanlage auf dem Dach oder als Steckersolargerät auf dem Balkon. „Viele Beratungen drehten sich um die sinnvolle Dimensionierung der Anlage und um die Frage, ob ein Batteriespeicher mit berücksichtigt werden beziehungsweise wie groß dieser werden sollte. Auch wie Photovoltaik mit Elektroauto und Wärmepumpe optimal kombiniert werden könnte, war für viele Ratsuchende ein Thema", so der Energieexperte.
Gut zu wissen
Für Ratsuchende ist die Verbraucherzentrale in Ahlen, Westenmauer 10, 59227 Ahlen, zu folgenden Zeiten erreichbar: telefonisch unter Rufnummer 02382 96 131 01 und per Mail unter ahlen@verbraucherzentrale.nrw. Den Jahresbericht 2021 der Verbraucherzentrale im Kreis Warendorf gibt es unter www.verbraucherzentrale.nrw/ahlen-jahresbericht2021.
Weitere Infos unter www.verbraucherzentrale.nrw/ahlen